Tibethaus Deutschland ohne Dalai Lama eröffnet

"Buddhismus im Westen angekommen"

Ohne den ursprünglich erwarteten Dalai Lama ist in Frankfurt das neue Tibethaus Deutschland eröffnet worden. Der Dalai Lama konnte an der Eröffnungszeremonie nicht teilnehmen, weil sein Flugzeug nicht starten konnte. Er holt seinen Besuch nach. 

Dalai Lama / © Stephanie Lecocq (dpa)
Dalai Lama / © Stephanie Lecocq ( dpa )

domradio.de: Sie verfolgen das Leben und Werk des Dalai Lama. Was fasziniert Sie daran?

Werner Höbsch (Katholischer Theologe und Experte für den christlich-buddhistischen Dialog): Mich fasziniert seine Authentizität, seine Ehrlichkeit, seine Offenheit. Er ist ein charismatischer Vertreter des Buddhismus, nicht nur des tibetischen hier in Deutschland, und vor allem fasziniert mich, dass er sich immer wieder für den Frieden - nicht nur in Tibet - und für die Gewaltlosigkeit einsetzt.

domradio.de:  Man hört relativ wenig über den Buddhismus in Deutschland. Wie zeigt der sich denn?

Höbsch: Der Buddhismus ist hier im Westen angekommen. Sie haben alle großen Strömungen des Buddhismus hier im Westen vertreten. Er zeigt sich im Seminarangebot und vor allem in meditativen Angeboten sowie Zen-Meditationen. In Deutschland leben etwa zweihundertfünfzigtausend Buddhisten, wobei die Sympathie für den Buddhismus weit über diesen Kreis hinaus reichen dürfte.

domradio.de: Jetzt kommt der Dalai Lama nach Frankfurt zur Eröffnung des neuen Tibethauses und er wird selber auch einen Vortrag halten Mittwoch Nachmittag. Um was wird es da gehen?

Höbsch: Der Dalai Lama hat in den vergangenen Jahren immer wieder ein großes Thema nach vorne gebracht. Das sind die globale Ethik und die  gemeinsamen Werte aller Menschen. Darum wird es auch in diesem Vortrag gehen. Er wird sich mit ethischen Fragen auseinandersetzen. Er sucht eine Verbindung über Religionsgrenzen hinweg in der Begründung gemeinsamer Werte und in einem Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit. Das ist wahrscheinlich auch das Hauptanliegen, welches er in Frankfurt vertreten wird.

domradio.de:  Äußert sich der Dalai Lama auch zum Christentum? Gibt es da einen Dialog?

Höbsch: Es gibt einen christlich-buddhistischen Dialog, der ist allerdings sehr vereinzelt. Wir haben auch hier im Erzbistum Köln einen christlich-buddhistischen Dialog-Kreis schon seit mehreren Jahren. Der Dalai Lama wie auch andere Repräsentanten des Buddhismus äußern sich zum Christentum durchweg positiv. Wir haben hier keine Kritik. Das Einzige was für viele Buddhisten am Christentum unverständlich ist, ist das Kreuz Jesu Christi. Wie kann ein Mensch durch das Kreuz erlösen? Aber auch hier hat sich der Dalai Lama positiv geäußert und hat gesagt: "Kann es denn etwas Größeres geben, als wenn jemand sein Leben hingibt für seine Freunde und für die Menschen?"

domradio.de: Zurzeit fliehen mindestens 300.000 Rohingya aus dem buddhistischen Myanmar in das überwiegend muslimische Nachbarland Bangladesch. Schon seit Ende August gibt es Konflikte zwischen den Rohingyas und der Armee von Myanmar. Häuser werden niedergebrannt, Menschen erschossen. Ist der Buddhismus wirklich friedlich?

Höbsch: Der Buddhismus ist genauso friedlich wie auch das Christentum friedlich ist, aber Buddhistinnen und Buddhisten genauso wie Christinnen und Christen sind nicht immer friedlich. Und genau das erleben wir oder haben es bereits erlebt, dass zum Beispiel in Tibet auch Klöster gegeneinander gewaltsam vorgegangen sind. Das erleben wir jetzt auch in Myanmar, wo Buddhisten und auch buddhistische Mönche zur Gewalt aufrufen und einsatzbereit sind gegen diese muslimische Minderheit. Also auch der Buddhismus wird instrumentalisiert und missbraucht. 

Das Gespräch führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR