Für den Staatsrechtler Prof. Josef Isensee ist der Vorstoß von Innenminister de Maizière, darüber nachzudenken in bestimmten Regionen Deutschlands einen muslimischen Feiertag zu etablieren, "eine Provokation der deutschen Bevölkerung", denn christliche und staatliche Feiertage fielen auf Grundlage der christlichen Tradition der Gesellschaft zusammen.
Deshalb würde seiner Meinung nach ein muslimischer Feiertag aus dem Rahmen fallen, so Isensee gegenüber domradio.de.
Kritik an de Maizière
Die Festsetzung von Feiertagen ist grundsätzlich Ländersache – mit Ausnahme des Tages der Deutschen Einheit am 3. Oktober. Das Recht, so Isensee, biete keine strikten Vorgaben für die Einrichtung von Feiertagen. Einen amtlichen staatlichen Feiertag für islamische Feste gibt es nicht. Für Isensee wie für den katholischen Islamwissenschaftler Dr. Thomas Lemmen vom Referat Dialog und Verkündigung des Erzbistums Köln hat Innenminister de Maizière nicht die Zuständigkeit, sich über Feiertage für Muslime auszulassen. "Er muss nicht dafür haften, wenn es nicht zu einer Umsetzung seines Vorschlags kommt", sagte Lemmen bei domradio.de.
Für Lemmen, der sich auch im christlich-islamischen Dialog engagiert, ist der Vorstoß von de Maizière symbolisch von Bedeutung, weil es wichtig sei, "den Islam und das Leben der Muslime in unserem Land wahrzunehmen". Ob dazu ein muslimischer Feiertag nötig sei, sieht er skeptisch.
Problem der praktischen Umsetzung
Für die Integration, so Lemmen, ist eine Wertschätzung des religiösen Lebens von Muslimen notwendig. Die Einführung eines neuen Feiertags wäre ein symbolischer Schritt. Doch die Umsetzung eines solchen Festtages könnte an praktischen Problemen scheitern. Zum einen, weil es nicht einfach ist, einen der beiden wichtigsten Feiertage auszuwählen. Theologisch ist das viertägige Opferfest von größter Bedeutung, doch in der muslimischen Volksfrömmigkeit ist das viertägige Fastenbrechen am Ende des Ramadans wichtiger.
Ein weiteres Problem ist, dass diese Feiertage jedes Jahr auf einen anderen Tag fallen, weil sie nach dem Mondkalender ausgerichtet sind.
Auch eine nur regional begrenzte Einführung eines muslimischen Feiertags, wie es bei einigen katholischen Feiertagen wie Allerheiligen der Fall ist, sieht Lemmen mit Skepsis: "Soll er in NRW nur in den Großstädten, aber nicht in der Eifel gelten, obwohl es dort auch kleinere Gruppen von Muslime leben?" Das ist seiner Ansicht nach noch nicht alles durchdacht.
Größere Gefahr durch Kritik an Feiertagen
Eine Bedrohung des christlichen Glaubens durch einen zusätzlichen muslimischen Feiertag sehen weder Lemmen noch Isensee. Doch größer sei die Gefahr, dass die Stimmen sich mehren auch christliche Feiertage abzuschaffen, so Lemmen.
"Schonende Lösung"
Staatsrechtler Isensee verweist auf Paragraph 9 des NRW-Feiertaggesetzes, der einen Weg weisen könnte. Dort gibt es eine besondere Form von Anerkennung für jüdische Feiertage, die nicht für die Gesamtgesellschaft gilt. An den zwei hohen jüdischen Feiertagen, dem Laubhüttenfest und am Versöhnungstag haben jüdische Arbeitnehmer das Recht, sich einen freien Tag zu nehmen, ohne dass ihnen ein Nachteil entstehen darf – allerdings nur als unbezahlten freien Tag. Hinzu kommt, dass an diesen beiden jüdischen Festtagen in Absprache mit der jüdischen Kultusgemeinde während der Zeit des Hauptgottesdienstes im näheren Umkreis keine lärmerregende Versammlungen oder öffentliche Umzüge stattfinden dürfen.
Eine solche analoge Behandlung nach Paragraph 9 für ein oder zwei muslimische Feiertage wäre für Isensee eine "schonende Lösung", die man prüfen könnte.
Christliche Feiertage wieder sinnvoll begehen
Als "nicht sinnvoll" bezeichnet der deutsche Auslandsseelsorger Monsignore Joachim Schroedel die Idee der Einführung muslimischer Feiertage. Zunächst müsse man ohnehin daran denken, die christlichen Feiertage auch wieder so zu begehen wie es sein sollte, erklärte der seit über 20 Jahren in Ägypten tätige Schroedel gegenüber domradio.de.
"Ich bin dafür, dass christliche Feiertage nur dann arbeitsfrei gegeben werden, wenn die Gläubigen auch die entsprechenden Gottesdienste besuchen. Anstonsten müssen sie arbeiten, das würde der Volkswirtschaft gut bekommen", führte der Auslandsseelsorger aus. Seiner Ansicht nach gebe es derzeit zu viele christliche Feiertage, die nicht im eigentlichen Sinne mehr begangen werden. "Von daher bin ich für die Abschaffung des Zweiten Weihnachtsfeiertages, des Ostermontags und des zweiten Pfingsttages", so Schroedel.