SPD-Chef Schulz zu muslimischen Feiertagen

"Man muss darüber nachdenken"

Der Vorschlag von CDU-Innenminister Thomas de Maizière, muslimische Feiertage einzuführen, bleibt in der Diskussion. Aus den eigenen Reihen und von der Kirche kommen kritische Stimmen. Zustimmung gibt es dagegen jetzt von der SPD.

Muslime in Deutschland / © Maja Hitij (dpa)
Muslime in Deutschland / © Maja Hitij ( dpa )

Bei den Sozialdemokraten stößt die Eingabe von de Maizère anscheinend auf offene Ohren. "Man muss über den Vorschlag nachdenken", sagte SPD-Vorsitzender Martin Schulz der Deutschen Presse-Agentur. "Ich hab vor allen Dingen zur Kenntnis genommen, in welcher Art und Weise sofort gegen den Herrn de Maizière aus seinen eigenen Reihen losgekoffert wird." Man müsse in Deutschland in der Lage sein, einen Vorschlag zu unterbreiten und diesen dann in Ruhe und seriös zu diskutieren.

Der Vorschlag des Innenministers habe ihn überrascht, sagte Schulz am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Hildesheim. "Herr de Maizière ist ja sonst in dieser Hinsicht nicht der Fantasievollste."

Stimmen aus der Kirche

Nach der Kritik des katholischen Büros Niedersachsen an de Mazières Reaktion zur Einführung muslimischer Feiertage, beziehen auch immer mehr Vertreter aus Kirche und Politik Stellung. Felix Bernard, Leiter des Katholischen Büros Niedersachsen, hatte am Freitag gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) geäußert, die Frage nach der Einführung gesetzlicher muslimischer Feiertage in Deutschland stehe "noch nicht an".

Zunächst müsse man auf Länderebene mit den muslimischen Verbänden zu tragfähigen Vereinbarungen über eine gesellschaftliche Teilhabe kommen, sagte Bernard.

Der evangelische Theologe Gerhard Duncker äußerte sich zurückhaltend. Es könne auf Kosten christlicher Feiertage gehen, wenn ein weiterer Feiertag eingeführt werde, so Duncker, der früher deutscher Seelsorger in der Türkei war, gegenüber domradio.de. Man könne Feiertage streichen, "aber man sollte darüber nachdenken, ob eigentlich alles in unserer Tradition zur Disposition steht".

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sagte der "Passauer Neuen Presse" am Samstag, ein muslimischer Feiertag könne integrationsfördernd wirken. Bereits 2013 hatten sich sich der Zentralrat und später auch die Türkische Gemeinde für die Einführung eines muslimischen Feiertages in Deutschland ausgesprochen.

Kritik aus der Union

"Unser christliches Erbe ist nicht verhandelbar", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der "Bild"-Zeitung am Samstag. "Islam-Feiertage in Deutschland einzuführen kommt für uns nicht in Frage."

CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte: "Bei uns kann nun wirklich jeder nach seiner Façon selig werden. Das gilt auch für das Feiern religiöser Feste." Eine andere Frage sei, ob der Staat zukünftig auch nicht-christliche Feiertage unter den Schutz einer gesetzlichen Regelung stellen solle. Bosbach: "Dafür sehe ich keinen wirklich überzeugenden Grund."

Auch der Innenexperte der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), äußerte sich kritisch: "Deutschland ist über Jahrhunderte durch die christliche Tradition geprägt und bestimmt worden", so Mayer. Daran habe sich bis heute nichts geändert. "Im Übrigen gilt: Dass der Islam zu Deutschland gehört, lässt sich historisch durch nichts belegen und ist auch heute nirgendwo zu erkennen."

Auch der niedersächsischen CDU-Landeschef und Spitzenkandidat Bernd Althusmann berief sich laut Medienberichten auf "eine lange Tradition" von Feiertagen in Deutschland. Für eine Änderung sehe er keinen Bedarf.

Gottschalk: Fronleichnam in Türkei

In der Debatte über die Idee, möglicherweise muslimische Feiertage in Deutschland einzuführen, meldet sich jetzt auch TV-Legende Thomas Gottschalk zu Wort. Auf Twitter schreibt der gläubige Katholik und Ex-Ministrant wörtlich: "Muslimischer Feiertag bei uns ist ein guter Einstieg, demnächst Herz-Jesu Freitag in Bagdad und dann Fronleichnamsprozession in Istanbul."

Anzahl der Feiertage variiert je nach Bundesland

Innenminister de Maizière hatte sich bei einer Wahlkampfveranstaltung in Wolfenbüttel gesprächsbereit gezeigt: "Ich bin bereit, darüber zu reden, ob wir auch mal einen muslimischen Feiertag einführen", sagte er in seiner Rede. Allerheiligen sei auch nur dort Feiertag, wo viele Katholiken lebten. Warum könne man also dort, wo es viele Muslime gebe, nicht auch mal über einen muslimischen Feiertag nachdenken. Allerdings betonte de Maizière auch: "Generell sind unsere Feiertage christlich geprägt, und das soll auch so bleiben."

Die Anzahl der Feiertage variiert in Deutschland je nach Bundesland. Neun Feiertage gelten in allen Bundesländern einheitlich: Neujahrstag (1. Januar), Karfreitag, Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Tag der Arbeit (1. Mai), Tag der deutschen Einheit (3. Oktober) sowie der erste und zweite Weihnachtsfeiertag (25. und 26. Dezember). Nur der 3. Oktober, der Tag der deutschen Einheit, geht auf ein Bundesgesetz zurück.


Martin Schulz / © Bernd Thissen (dpa)
Martin Schulz / © Bernd Thissen ( dpa )

Thomas de Maizière / © Fabian Matzerath (KNA)
Thomas de Maizière / © Fabian Matzerath ( KNA )

Prälat Felix Bernard (Katholisches Büro Niedersachsen)

Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime / © Alexander Heinl (dpa)
Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime / © Alexander Heinl ( dpa )

Wolfgang Bosbach / © Jens Wolf (dpa)
Wolfgang Bosbach / © Jens Wolf ( dpa )

TV-Moderator Thomas Gottschalk / © Sven Hoppe (dpa)
TV-Moderator Thomas Gottschalk / © Sven Hoppe ( dpa )
Quelle:
dpa , KNA