domradio.de: Wie sehr ist Afrika vom Klimawandel betroffen?
Prof. Dr. Aidan G. Msafiri (UN Klimabotschafter Tansania): Afrika ist sehr stark betroffen und leidet. Ich nenne nur einige Beispiele: Die Wasserknappheit liegt gerade bei fast 70 %. Als Kind habe ich noch so viel Wasser am Fuße des Kilimanjaro gesehen, aber momentan müssen die Kinder und die Frauen weit weggehen, um Wasser zu holen. Wasserknappheit ist kein Märchen, sondern Realität.
Des Weiteren gibt es eine starke Abholzung in Tansania, die bei 86 Prozent liegt. Zudem ist auch eine deutliche Migration zu spüren. Dabei geht es nicht nur um Asylanten, die nach Europa, und Deutschland gekommen sind, sondern es gibt auch eine interne Migration wegen des Ressourcenmangels. Ich muss deswegen sagen, dass Afrika der Kontinent ist, der am stärksten vom Klimawandel betroffen ist.
domradio.de: Welche Herausforderungen stellen sich deswegen nicht nur für Politiker sondern auch für die Kirche und die Gesellschaft?
Msafiri: Für uns Menschen, als Abbild Gottes geschaffen, ist das Leben das höchste Geschenk Gottes. Ich glaube, es betrifft nicht nur die Kirche und die Politiker, sondern uns alle. Es gibt etliche Herausforderungen. Ein deutsches Sprichwort besagt: "Wenn gute Menschen nichts tun, dann verstärkt es die Bosheit."
Das heißt, wenn die Kirche sagt, was geht uns das an, dann wird das Leben und die Gesundheit vieler Menschen in Afrika und in den Entwicklungsländern stark beeinträchtigt. Weil es uns alle angeht, muss man auch diese globale Solidarität achten. Das ist sehr wichtig.
domradio.de: Sie haben auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung an der Klimakonferenz teilgenommen. Die Konferenz in Paris ist vielen ein Begriff. Für wie wichtig schätzen Sie diese Konferenz in Bonn ein?
Msafiri: Klimakonferenzen sind Prozesse, es sind keine Events. Ich war auch in Paris vor zwei Jahren als Klimabotschafter gewesen und wir reden sehr viel von Paris, aber momentan darf man nicht alles wegschmeißen. Der Mensch vergisst, genauso wie Herr Trump, der sagt, "der Klimawandel ist ein Märchen". Aber wir müssen den Prozess auch weiterführen, denn das ist das Leben.
domradio.de: Wie sollte Ihrer Meinung nach der Beitrag Europas für die Klimapolitik aussehen?
Msafiri: Europa soll ein Vorbild sein. In Afrika sagt man: "Ich bin, weil wir sind.“ Das ist die afrikanische anthropologische, philosophische Weltanschauung. Europa sollte die Umweltenzyklika des Papstes "Laudato si'" einsetzen. Das ist das beste werteorientierte Dokument für die Welt. Europa soll seine Versprechen erfüllen, die finanzielle Unterstützung für die Dritte Welt und die Ausbildung.
Denn Europa braucht Afrika und Afrika braucht Europa. Das meine ich nicht nur nach dem Motto: Europa braucht Großbritannien. Wir brauchen einander. Für mich geht es da um verschiedene Ebenen, wie Umwelt, Politik, Ethik. Wir haben nur ein gemeinsames Haus, wir haben keinen Planeten B, nur A. Wir Afrikaner sagen: "Das ist das einzige Zelt, mit dem man nicht rumspielen darf."
Das Gespräch führte Verena Tröster.