KNA: Herr Erzbischof, Sie setzen sich für den Wiederaufbau der Kathedrale in N'Djamena ein. Welche Bedeutung hat diese für den Tschad?
Edmond Djitangar (Erzbischof von N'Djamena): Die Kathedrale ist ein schweigender Zeuge der Geschichte des Tschad sowie der Kirche seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Es ist ein Monument, das an die ersten Pioniere erinnert, gleichzeitig aber auch für eine neue Generation steht, die sich um diese Kirche kümmern wird.
KNA: Besonders gelitten hat die Kathedrale während der verschiedenen Bürgerkriege im Tschad.
Djitangar: Der Bürgerkrieg hat die Kirche leider nicht verschont. Sie wurde 1980 bombardiert. Nach dem Ende des Krieges begann der Wiederaufbau des Landes. Dazu gehört die Kathedrale. Sie ist ein Zeichen des Friedens und trägt den Namen "Notre Dame de la Paix". Als wir mit dem Wiederaufbau begonnen haben, haben wir gesagt: Wenn es den Christen gelingt, die Kathedrale wiederzuerrichten, dann ist der Frieden wirklich da.
KNA: Im Tschad, wo heute etwa 14 Millionen Menschen leben, bekennt sich die Mehrheit zum Islam. Nur etwa jeder fünfte Einwohner ist Katholik. Ist die Kathedrale tatsächlich für die Mehrheit der Bevölkerung von Bedeutung?
Djitangar: Der Tschad ist ein sehr religiöses Land. Selbst die Nicht-Christen waren sehr berührt, als sie von der Zerstörung der Kirche erfahren haben. Einige haben sogar gesagt: Sie haben das Haus Gottes zerstört. Heute sagen sie: Der Wiederaufbau ist eine Wiedergutmachung der Menschen an Gott. Außerdem gibt es zwischen den verschiedenen Teilen der tschadischen Gesellschaft Frieden.
KNA: Sie schätzen, dass der Wiederaufbau, mit dem bereits 2013 begonnen wurde, umgerechnet rund elf Millionen Euro kosten wird. Wie kann das in einem Land, das zu den ärmsten der Welt gehört, finanziert werden? Auf dem Entwicklungsindex der Vereinten Nationen rangiert der Tschad auf dem drittletzten Platz.
Djitangar: Die Regierung hat alles wiederaufbauen lassen, was während des Krieges zerstört worden ist. Deshalb ist es sehr normal, dass sie das auch mit Kathedrale macht. Sie hat auch angefangen. Leider ist es nach drei oder vier Monaten wieder zum Stillstand gekommen, weil wir uns in einer Wirtschaftskrise befunden haben. Jetzt ist sie allerdings dabei, die Arbeiten wiederaufzunehmen. Gleichzeitig haben wir die Christen mobilisiert und vermittelt: Das ist unser Projekt, und wir warten nicht darauf, dass der Staat etwas unternimmt.
KNA: Sie betonen, dass der Wiederaufbau nicht nur für Katholiken von Bedeutung ist. Welche Rolle spielt der interreligiöse Dialog generell im Tschad?
Djitangar: Gemeinsam mit der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden haben wir eine Initiative gestartet. Ziel war ein politischer Diskurs, der zur Versöhnung und zum friedlichen Miteinander aufruft. Das sollte aber konkreter werden. Unsere Forderung an die Regierung war deshalb, uns einen Tag im Jahr zu geben, der an das friedliche Zusammenleben erinnert. Verbunden damit sollten auch Gebete sein. Das findet dieses Jahr am 28. November statt. Das ist der Tag, an dem die Republik ausgerufen wurde. Es ist ein Feiertag, der aber wenig gefeiert wird. Das ist nun der Tag für das friedliche Zusammenleben.
KNA: Umfasst der interreligiöse Dialog heute alle Religionen im Tschad?
Djitangar: Bisher nehmen Christen und Muslime teil. Nicht repräsentiert sind die traditionellen Religionen, die aber die soziale Basis für die anderen Religionen bilden. Derzeit überlegen wir, wie wir alle Verantwortlichen einbinden können.
KNA: Im Tschad hat es in der Vergangenheit auch Anschläge der Terrorgruppe Boko Haram gegeben, die aus Nigeria stammt. Hat diese Entwicklung das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen beeinflusst?
Djitangar: Wenn es Spaltungen gibt, dann innerhalb der jeweiligen Religion. Der Islam ist eins, hat aber unterschiedliche Fraktionen. Die Kirche ist eins, aber wir haben Protestanten und Katholiken. Unter den Protestanten gibt es wiederum verschiedenen Gruppen. Wenn man allerdings über einen Krieg der Religionen oder eine religiöse Spaltung im Tschad spricht, dann lächeln wir eher darüber.
Das Gespräch führte Katrin Gänsler.