Theologe: Streit zwischen Papst und Kardinälen kein Nachteil

Grenzen überschreiten

Der Wiener katholische Pastoraltheologe Paul Zulehner hat den Konflikt zwischen Papst und einigen Kardinälen über das Eheverständnis als sinnvoll bezeichnet.

Vorstellung von "Amoris laetitia" / © Cristian Gennari (KNA)
Vorstellung von "Amoris laetitia" / © Cristian Gennari ( KNA )

"Es ist für den theologischen Disput in der katholischen Kirche kein Nachteil, dass nun einige Kardinäle den Papst kritisieren und ihre Zweifel per Brief an Franziskus geschickt haben", schreibt der Pastoraltheologe Paul Zulehner in der "Süddeutschen Zeitung" am Samstag.

Die Kirche lieben trotz Kritik

Jahrzehnte lang hätten dieselben Kardinäle kritische Theologen angegriffen, sie "ins unkirchliche Eck gestellt und des Ungehorsams bezichtigt. Jetzt merken sie, dass man die Kirche lieben und dennoch Kritik üben kann". Fortschritte könne es nur dann geben, wenn die Theologie auch couragiert dogmatische Grenzen überschreite. "Wer dies wagt, muss sich freilich gefallen lassen, auf den Prüfstand der Gemeinschaft zu gelangen. Im fairen theologischen Disput kann sich dann auch herausstellen, dass man sich geirrt hat."

Im Streit um das Papst-Schreiben "Amoris laetitia" und die Zulassung geschiedener Katholiken zum Abendmahl verteidigte Zulehner Papst Franziskus gegen Vorwürfe des Abfalls vom Glauben. "Den Kritikern des Papstes kann man zustimmen, wenn sie behaupten, der Papst habe den Pfad der katholischen Tradition verlassen", betonte er. Andererseits sei der von der Familiensynode und dem Papst eingeschlagene pastorale Weg "durchaus christlich und ohne Zweifel nicht häretisch.

Wenn das so wäre, dann wären auch die orthodoxen Kirchen häretisch - dabei hat die römisch-katholische Kirche die Jahrhunderte hindurch immer darauf geachtet, ihre Schwesterkirchen in diese Frage nicht zu verurteilen".

Von orthodoxen Priestern lernen

Zulehner hofft, dass die katholische Kirche auch hinsichtlich der Ehelosigkeit der Priester von den orthodoxen Kirchen lernen könnte.

"2019 trifft sich die Amazonas-Synode. Dort könnten die Bischöfe beschließen, dass sie im gemeindlichen Leben erfahrene Personen ordinieren, auch wenn sie verheiratet sind und keine akademische Ausbildung haben." Der Papst könnte diesen Weg billigen und damit ein Zeichen setzen.


Paul Zulehner / © Erzdiözese Wien
Paul Zulehner / © Erzdiözese Wien
Quelle:
KNA
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