CDU-Politiker Hirte zur weltweiten Christenverfolgung

"Eine kritische Entwicklung“

Der 26. Dezember ist als Stephanustag auch Gebetstag für verfolgte Christen. Der Vorsitzende des Stephanuskreises in der Union, Prof. Heribert Hirte, sieht zunehmende Bedrängnis im In- und Ausland und fordert politische Konsequenzen.

Christenverfolgung: Von Rebellen zerstörtes Pfarrhaus im Kongo / © Harald Oppitz (KNA)
Christenverfolgung: Von Rebellen zerstörtes Pfarrhaus im Kongo / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Christen sind die meistverfolgte Religiongemeinschaft der Welt. Wo geht es ihnen am schlechtesten?

Heribert Hirte (Vorsitzender des Stephanuskreises von CDU und CSU): Wir sehen eine zunehmende Verfolgung von Minderheiten insgesamt - auch von Christen - in der ganzen Welt. Was natürlich auch damit zusammenhängt, dass sich das Christentum - entgegen dem - was viele wahrnehmen, in vielen Regionen der Welt, insbesondere auch im arabischen Raum und Afrika, deutlich ausdehnt. Dazu gehört auch der Iran. Diese Ausdehnung hat natürlich auch damit zu tun, dass Menschen, die zum Christentum konvertieren, in ihrer Gesellschaft als fremdartig oder als etwas anderes wahrgenommen werden, und das zieht dann Druck, Bedrängung und Verfolgung nach sich.

DOMRADIO.DE: Wie geht es den Christen bei uns in Deutschland? Wir sind ja eines der christlich geprägtesten Länder der Welt?

Hirte: "Christlich geprägt" sagen Sie zu Recht. Die Zahl der bekennenden Christen sinkt, aber die Vorstellung, dass wir ein christliches Land sind, die bleibt. Insofern haben wir natürlich auch Diskussionen über die Frage, was Religion im Alltag bedeutet. Am Heiligabend haben wir erlebt, dass der türkische Präsident Erdogan den Muslimen in Deutschland rät, das Weihnachtsfest nicht mitzufeiern, weil das Fest mit Tanz, Musik und Alkohol verbunden ist, und deshalb nicht islamisch sei. Das ist eine kritische Entwicklung, weil sie genau diese Auseinandersetzungen, die wir aus anderen Ländern kennen, nun auch nach Deutschland hineinträgt.

DOMRADIO.DE: Ist das ein neues Phänomen?

Hirte: In dieser Form ist mir das unbekannt. Ich habe bisher eigentlich immer erlebt, dass die bei uns Eingewanderten, egal welcher Religion, versucht haben auch Weihnachten mitzufeiern. Vielleicht auch gerade deshalb, weil natürlich Weihnachten den christlichen Gehalt und die weltliche Überlagerung gleichermaßen bedeutet.

DOMRADIO.DE: Nun sind nicht nur die Christen eine verfolgte Minderheit in vielen Ländern. Wir lesen von den Schicksalen der Rohingya, der Jesiden. Wo liegen denn die Probleme bei anderen Minderheiten?

Hirte: Wir haben erst in den vergangenen Tagen wieder erlebt, wie der Antisemitismus in Deutschland erheblich um sich greift. Wir wissen, dass die Religionen sehr oft unter Bedrängnis stehen, die von der jeweiligen Mehrheitsreligion im Staat ausgeht. Die größte Auseinandersetzung im Nahen Osten betrifft die inner-islamischhe Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten. Auch die Aleviten, die in Deutschland stark vertreten sind, gehören dort auch zu den Verfolgten, insbesondere in der Türkei.

DOMRADIO.DE: In den vergangenen Wochen wird immer wieder ein Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung gefordert. Braucht es sowas auch für andere Minderheiten?

Hirte: Solch ein Beauftragter für Antisemitismus wird schon lange gefordert. Genauso haben wir als CDU auch im Wahlprogramm einen Beauftragten für Religionsfreiheit gefordert, nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten. Ob sich das beides zusammenführen lässt, muss man beobachten. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir gerade auf der staatlichen Ebene dafür sorgen, dass diese Kernfragen des Gewissens vom Staat auch geschützt werden, denn da wo Religionsfreiheit herrscht, da werden auch andere Freiheitsrechte stärker garantiert. Das betrifft insbesondere auch die Gleichheit von Mann und Frau, was wir zum Beispiel in Nigeria als ein großes Problem sehen.

Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.


Prof. Heribert Hirte / © Gregor Fischer (dpa)
Prof. Heribert Hirte / © Gregor Fischer ( dpa )
Quelle:
DR