Dauerbaustelle Grabeskirche in Jerusalem

Ein Stein ist ins Rollen gekommen

Überall wird plötzlich - nach Jahrzehnten der Grabesruhe - an der verwinkelten Jerusalemer Kirche renoviert, gereinigt und gewienert. Es scheint, als sei am Grab Jesu ein Stein ins Rollen gekommen.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Während der Restaurierung der Grabeskirche / © Andrea Krogmann (KNA)
Während der Restaurierung der Grabeskirche / © Andrea Krogmann ( KNA )

Alle religiösen Jahresrückblicke im Heiligen Land feiern die Restaurierung der Ädikula in der Jerusalemer Grabeskirche als einen großen ökumenischen Erfolg. Nach 70-jährigem Provisorium mit einem noch von den Briten errichteten Stahlgerüst verständigten sich die drei Besitzer des Gotteshauses - Griechisch-Orthodoxe, Armenier, Lateiner - endlich auf eine Sicherung und Reinigung der durch Feuchtigkeit, Kerzenruß und Erschütterungen baufällig gewordenen Kapelle über dem Grab Christi. Inzwischen wird auch an anderen Stellen der steinalten Kirche renoviert, gereinigt und verschönert. Ständig wird irgendwo in dem verwinkelten Bau gebohrt, gehämmert, geschliffen, gewienert oder gemalt.

Offenbar haben die Christen aus ihrem etwas sorglosen Umgang mit der ehrwürdigen Bausubstanz gelernt. Damit die 1810 im osmanischen Barock errichtete Grabkapelle möglichst lange ihre helle Steinfarbe bewahrt, dürfen Kerzen und Kerzenbündel nur noch in einem entfernten Ständer kurz angezündet werden. Bislang waren sie überall auf den Nischen der Grabkapelle abgestellt, brannten herunter, schwärzten die Steinplatten und machten sie porös.

Renovieren allein reicht nicht

Mit der Restaurierung der Kapelle selbst ist es freilich noch nicht getan. Der von eindringendem Wasser geschädigte Boden und die Fundamente dieses Bereichs müssen dringend erneuert werden, samt der darunterliegenden Infrastruktur. Dazu müssen die drei Kircheneigner einen neuen Vertrag abschließen; der bisherige galt ausschließlich für die Ädikula. Danach aber ist dieser Teil der Grabeskirche in wichtigen Teilen restauriert.

Auch in der Golgatha-Kapelle, der Stätte der Kreuzigung Jesu, sind soeben wichtige Arbeiten abgeschlossen worden. Wer die schmale Treppe zu dem Felsen hinaufsteigt, auf dem laut der Tradition das Kreuz Christi stand, sieht die Decke über dem orthodoxen Altar in leuchtenden Farben. Eine einfache Reinigung hat unter dem Einheitsschwarz bunte Felder mit Darstellungen vom Leidensweg Jesu hervorgeholt. Daneben sieht man eine Fläche mit goldenen Engelsköpfen auf blauem Grund.

Uraltes Christus-Mosaik entdeckt

Bereits zuvor hatten die Franziskaner, denen der rechte Teil der Golgatha-Kapelle mit dem Altar der Kreuzannagelung gehört, in ihrem Bereich den Mosaikschmuck an Decken und Wänden gründlich überholt.

Als die Mönche vor 100 Jahren diesen Schmuck anbrachten, sparten sie glücklicherweise einen zentralen Teil der Decke aus. In diesem Bereich wurde 1995 ein uraltes Christus-Mosaik freigelegt. Es zeigt Christus in einer Gloriole und gehörte zu einem Himmelfahrts-Mosaik, wie eine Inschrift besagt. Man kannte es bereits aus alten Quellen, etwa dem Bericht des deutschen Jerusalem-Pilgers Theoderich von 1172. Es gilt als eine der ältesten Christus-Darstellungen im Heiligen Land.

Alles anders

Gearbeitet wird aber auch in anderen Teilen der Kirche. Die Armenier restaurieren ihre Galerie südlich der Rotunde. Vor kurzen haben sie den Fußboden in der ihnen gehörenden Helena-Kapelle mit Darstellungen von großen Kirchen ihrer Heimat gründlich gereinigt und restauriert.

Der Abstieg auf der von Kreuzes-Graffitti gesäumten Treppe zum Unterniveau der Kirche hat seither ein zusätzliches Highlight. Wegen Reparaturarbeiten geschlossen ist unterdessen die Kapelle der Äthiopier, die man bislang vom Vorhof der Grabeskirche aus über eine Treppe oder von ihrem benachbarten Klosterdach aus erreichen konnte. Ein großes Verputzstück soll heruntergefallen sein. Und unzugänglich ist seit geraumer Zeit auch das sogenannte Gefängnis Christi, eine Kapelle im Nordosten des Gotteshauses.

Wo sind die Touris?

In diesem Herbst erlebten Jerusalem und auch die Grabeskirche einen Besucherboom. Schon im Vorhof stauten sich mitunter Pilgerströme; die Touristensaison war länger als üblich. Mit der Jerusalem-Erklärung von US-Präsident Donald Trump und den folgenden Unruhen brach der Zustrom der Touristen stark ein.

Selbst ein Besuch der Grabkapelle, sonst oft mit langer Wartezeit verbunden, war fast ohne Anstehen möglich. Gerade die Christen hoffen auf eine baldige Rückkehr der Pilger und Besucher an die Heiligen Stätten im Heiligen Land. 

Grabeskirche in Jerusalem

Grabeskirche in Jerusalem (epd)
Grabeskirche in Jerusalem / ( epd )

Die Grabeskirche  im christlichen Viertel in der Jerusalemer Altstadt wurde ursprünglich 325 nach Christus unter Helena, der Mutter des römischen Kaisers Konstantin, erbaut. Sie soll sich der Überlieferung nach an der Stelle befinden, wo Christus nach seinem Tod am Kreuz beerdigt wurde und wieder auferstand. 


 

Quelle:
KNA
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