Viele Flüchtlinge und Migranten wollten nach Europa, weil sie wüssten, dass sie dort Frieden und Sicherheit fänden. Diese seien Früchte des europäischen Projekts nach dem Zweiten Weltkrieg. Europa müsse auf dieses Erbe stolz sein, sagte Papst Franziskus in seiner Neujahrsansprache vor Diplomaten am Montag im Vatikan.
"Kulturelles und religiöses Erbe wiederentdecken"
"Die Ankunft der Flüchtlinge sollte Europa dazu anspornen, das eigene kulturelle und religiöse Erbe wiederzuentdecken", sagte der Papst. "Wenn es sich der Werte bewusst wird, auf die es erbaut wurde, dann mag es sowohl die eigenen Traditionen wachhalten als auch weiterhin ein gastfreundlicher Ort sein, der Frieden und Entwicklung verspricht."
Auch die Türkei, der Libanon und Jordanien verdienten "die Anerkennung und die Unterstützung der ganzen internationalen Gemeinschaft" bei der Aufnahme syrischer Flüchtlinge. Zur Beendigung des Syrienkriegs und für den Wiederaufbau seien Vertrauen und eine stabile Sicherheitslage nötig, so der Papst. Die geflüchteten Menschen müssten eine Möglichkeit zur Rückkehr in ihre Heimat erhalten.
Rechte und Pflichten in der Integration
Ein Schwerpunkt der Ansprache des Papstes waren die gegenseitigen Rechte und Pflichten bei der Integration von Flüchtlingen und Migranten. "Wer jemanden aufnimmt, muss dessen ganzheitliche Entwicklung fördern", sagte der Papst. Gleichzeitig müsse sich, wer aufgenommen werde, "den Regeln des Landes, das ihn beherbergt, unbedingt anpassen und dessen Identitätsprinzipien respektieren".
Der Vatikan werde "nicht in Entscheidungen eingreifen, die den Staaten zustehen". Dennoch sei es Pflicht der Kirche, "auf die Prinzipien Menschlichkeit und Brüderlichkeit hinzuweisen". Franziskus erinnerte dabei an seine Botschaft zum katholischen Weltfriedenstag am 1. Januar. Darin hatte er "aufnehmen, schützen, fördern und integrieren" als Eckpfeiler für den Umgang mit Migranten benannt.
Lebensbedingungen garantieren
Der Papst verwies weiter auf die beiden Global Compacts, die weltweiten Pakte der Vereinten Nationen zu Flüchtlingen und Migration, die kommenden Dezember verabschiedet werden sollen. Der Vatikan beteiligt sich an diesen Abkommen mit eigenen Eingaben.
Franziskus betonte, international fehlten "weder die Möglichkeiten noch die Mittel, um jedem Mann und jeder Frau dieser Erde die Lebensbedingungen zu garantieren, die der Würde der menschlichen Person entsprechen".