DOMRADIO.DE: Wie würden Sie das Weiheamt des Ständigen Diakons – grade auch in Abgrenzung zum Priesteramt – in seiner besonderen Ausrichtung beschreiben?
Günter Riße (Direktor des Erzbischöflichen Kölner Diakonen-Instituts): Ich nehme mal ein sehr schönes Bild, das ich auch bei meinen Studierenden im Diakonen-Institut im Unterschied zum Priester verwende: Der Priester ist derjenige, der in der Eucharistie die Einsetzungsworte spricht. Jesus im Abendmahlsaal - so wie von den Synoptikern der Evangelium überliefert -, die Einsetzungsworte über Brot und Wein, der Hirt Jesus Christus, dafür steht der Priester am Altar.
Der Diakon macht in diesem Amt sozusagen das, was der Evangelist Johannes deutlich beschreibt, nämlich die Fußwaschung. Amt ist Dienst. Damit haben wir zwei Seiten einer Medaille: Christus der Hirte, für den der Priester oder der Bischof in der Fülle des Amtes steht. Der Diakon steht dafür, um anzuzeigen, dass Amt immer Dienst ist, Fußwaschung, sich klein zu machen, zu den Armen und Benachteiligten an die Ränder zu gehen und sie nie aus den Augen zu verlieren.
DOMRADIO.DE: Wie viele Diakone arbeiten denn zurzeit im Erzbistum Köln und was sind ihre Tätigkeiten?
Riße: In den 50 Jahren sind insgesamt bei uns im Erzbistum 420 Diakone geweiht worden. Wie ich finde, eine tolle Zahl. Weihbischof Augustinus Frotz, sozusagen einer der Väter für den Diakonat bei uns im Erzbistum Köln, hat einmal gesagt: Der Ständige Diakonat ist einer der schönsten Früchte des Zweiten Vatikanischen Konzils. Und damit hat er Recht. Die Diakone, die in den vergangenen 50 Jahren geweiht worden sind, sind in ganz unterschiedlichen Feldern tätig. Sie arbeiten im Zivilberuf als Lehrer in der Schule, sind Polizisten oder im Kaufmännischen tätig. Wir haben auch Diakone im Hauptberuf, die dann in den Gemeinden vor Ort Christus, den Diakonus repräsentieren, indem sie immer nach der Verbindung zwischen Caritas und Diakonie schauen. Darum kümmern sich vor allem die Diakone im Hauptberuf. Es ist auch das Anliegen, das diakonische Profil im Diakonat immer wieder deutlich zu machen.
Die Zivilberufler sind also in allen Bereichen tätig, die Hauptberufler haben den Schwerpunkt im diakonischen Bereich. Sie sollen an die Ränder zu den Armen gehen. Mit "arm" sind nicht nur diejenigen gemeint, die finanziell gesehen arm sind, sondern auch diejenigen, die auf der Suche sind, die Sehnsucht nach den Fragen des Lebens haben und an den Rand gedrückt werden, wenn sie denn über ihr Leben nachdenken. Die Menschen an den Rändern sollen möglichst wieder zurückgeholt werden in die Mitte, zum Altar.
DOMRADIO.DE: Es gibt die von Ihnen erwähnte Unterscheidung von Ständigen Diakonen im Hauptberuf und denen im Zivilberuf. Wie kommt es überhaupt zu dieser Unterscheidung und wo liegt die besondere Chance oder auch Herausforderung des jeweiligen Weges?
Riße: Ein Unterschied zwischen einem Diakon im Zivilberuf und im Hauptberuf ist zunächst einmal die Frage, woher jemand sein Gehalt bezieht. Der Diakon im Zivilberuf bekommt es aus der Anstellung heraus, die er ausübt. Der Diakon, der im Hauptberuf für die Kirche arbeitet, hat auch die Kirche als Arbeitgeber. Weltweit gibt es ganz wenige Hauptberufler. Fast alle Diakone, ich würde sagen rund 95 Prozent, sind Diakone im Zivilberuf. Es gibt fast nur im europäischen Kontext Diakone im Hauptberuf.
Die Aufgaben sind aber identisch. Jeder ist Diakon. Ich glaube, gerade Diakone mit Zivilberuf haben etwas, wo sie Kirche in der Arbeitswelt noch einmal deutlich und präsent machen können. Das ist eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance. An der Stelle sind Diakone dann auch ein stückweit Grenzgänger zwischen Gesellschaft, der Berufswelt der Menschen, die arbeiten und der Kirche. Das ist eine ganz wichtige Klammer, die die Diakone mit Zivilberuf in der Welt wahrnehmen und ausführen.
DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist für das Amt des Ständigen Diakons die Tatsache, dass er – in aller Regel – eine Familie hat? Und welchen besonderen Herausforderungen sieht die sich durch diesen speziellen Beruf oder diese Berufung ausgesetzt?
Riße: Es sind ungefähr 80 bis 85 Prozent der deutschen Diakone verheiratet oder verwitwet und waren verheiratet. Aber auch rund 15 bis 20 Prozent der Diakone lebt zölibatär und sind ehelos. Beides ergänzt sich sehr gut miteinander.
Beim verheirateten Diakon mit Familie wird die Ehefrau schon mit in die Ausbildung integriert. Nicht, dass sie die Ausbildung macht, aber von Anfang an ist sie Teil der Gespräche, wenn sich der Mann auf den Weg macht. Der verheiratete Diakon kann den Weg nur gehen, wenn seine Frau ihn unterstützt, begleitet und ihm dann zur Seite steht. Das ist ganz wichtig.
DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung, welche Rolle wird der Ständige Diakonat für die Zukunft unserer Kirche, unserer Seelsorgebereiche spielen.
Riße: Ich glaube, dass der Diakon nach wie vor für Christus, den Diener steht und die Fußwaschung. Der Diakon muss in der Gemeinde, in der er eingesetzt ist, für die Nöte der Armen, der Bedrängten und am Rande stehenden das Auge haben. Das halte ich für einen ganz entscheidenden und wichtigen Aspekt.
Wenn der Diakon am Altar steht - größtenteils schweigend neben dem Priester - dann muss deutlich werden, dass hier jemand steht, der denen, die auch schweigen, durch seine Anwesenheit eine Stimme gibt. In jede Gemeinde müsste eigentlich auch ein Diakon gehören, um diesen Christus, der an die Ränder geht, immer wieder zu repräsentieren und darzustellen.
Das Interview führte Stephan Baur.