Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur an diesem Dienstag aus Verhandlungskreisen. Das Weiterbestehen der Härtefallregelung war im Sondierungspapier bisher nicht fixiert. Die genauen Details für diese dauerhafte Neuregelung sollen in den kommenden Monaten noch erarbeitet werden.
Kompromiss erzielt
Mit diesem Kompromiss, der zuletzt unter anderem zwischen den Fraktionsspitzen vereinbart worden war, haben Union und SPD ein zentrales Streitthema ihrer Koalitionsverhandlungen abgeräumt. Dies geschah unter Zeitdruck, weil die aktuelle Regelung für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus - sogenannte subsidiär Schutzberechtigte - Mitte März ausläuft. Dass der Familiennachzug nun bis Ende Juli weiter ausgesetzt bleibt, soll jetzt rasch im Bundestag beschlossen werden.
Thema in Sondierungen
Bereits in ihren Sondierungsgesprächen hatten Union und SPD vereinbart, den Familiennachzug anschließend auf 1.000 Menschen pro Monat zu begrenzen. Die SPD hatte angekündigt, bei den Koalitionsverhandlungen eine weitergehende Härtefallregelung erreichen zu wollen.
Nun soll jedenfalls die im Aufenthaltsgesetz vorgesehene Härtefallregelung weiterhin greifen. Bislang profitierten davon allerdings nur wenige Menschen aus der betroffenen Gruppe: 2017 wurde nur einigen Dutzend subsidiär Geschützten auf dieser Basis der Familiennachzug erlaubt.
Kritik von "Pro Asyl"
Die Grünen übten scharfe Kritik an der Einigung. "Der ohnehin schon grausame Vorschlag, nur tausend Geflüchtete pro Monat mit ihren Familien zusammen zu führen, wird scheinheilig ergänzt durch eine ohnehin schon bestehende, kaum genutzte Härtefallregelung", sagte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth.
Pro Asyl bewertete die Einigung als "absolut unzureichend". Es sei ein "Alibi", die bestehende Härtefallregelung neben dem Tausender-Kontingent weiterlaufen zu lassen, da aufgrund der hohen Anforderungen bislang nur knapp 100 Betroffene diese Regelung in Anspruch nehmen konnten. Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisierte den Kompromiss gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch) als "menschenrechtliche Katastrophe". Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte die Einigung als "inhuman".
Hintergrund zum Familiennachzug
Nicht alle Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, erhalten denselben Schutz. Asyl nach Artikel 16a des Grundgesetzes erhält nur, wer nachweisen kann, dass er in seiner Heimat politisch verfolgt wird, ohne eine Fluchtalternative innerhalb des Herkunftslands oder anderweitigen Schutz vor Verfolgung zu haben. Wird dies anerkannt, kann der Betroffene enge Angehörige nachholen.
Als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gilt, wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren außerhalb seines Herkunftslands befindet und dessen Schutz nicht in Anspruch nehmen kann oder aufgrund der begründeten Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Auch diese Flüchtlinge haben das Recht, ihre Kernfamilie - Ehepartner, minderjährige Kinder beziehungsweise bei minderjährigen Schutzberechtigten die Eltern - ohne weitere Vorbedingungen nach Deutschland nachzuholen.
Befristete Aufenthaltserlaubnis
Den schwächeren, sogenannten subsidiären Schutz erhalten diejenigen, denen zwar weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt wird, denen bei einer Abschiebung aber eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht, wie etwa bei einem Bürgerkrieg. Die Betroffenen erhalten eine zunächst auf ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnis und beschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.
Mit der Reform des Asylrechts wurde Mitte 2015 auch subsidiär Geschützten der Familiennachzug gewährt. Als dann die Zahl an Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten über die Balkanroute drastisch anstieg, setzte die Bundesregierung den Familiennachzug am 17. März 2016 mit Zustimmung der SPD für zwei Jahre aus. Nun will der Bundestag darüber befinden, ob und in welchem Umfang er wieder gewährt werden soll. Wie viele Menschen im Falle einer vollen Wiederzulassung des Familiennachzugs tatsächlich kommen würden, ist offen. Jüngste Schätzungen gehen von 50.000 bis 120.000 Personen aus.