Im Blick auf die Beziehungen zwischen Heiligem Stuhl und China müsse "angemessener zwischen der geistlich-seelsorglichen Dimension und der Politik unterschieden werden", erläuterte der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin dem Internetportal "Vatican Insider" (Mittwoch) den grundsätzlichen Blickwinkel des Vatikan. Es sei nicht die Mission der Kirche in China, Strukturen oder Verwaltung der Volksrepublik zu ändern, sondern den Menschen das Wort Gottes zu verkünden, betonte er unter Berufung auf den Brief von Papst Benedikt XVI. (2005-2013) an die chinesischen Katholiken aus dem Jahr 2007.
In den Tagen und Wochen zuvor hatte es Berichte über innerkirchliche Kritik an der derzeitigen China-Politik des Vatikan gegeben. Demnach sollen zwei von Rom anerkannte Bischöfe von einer vatikanischen Delegation gebeten worden sein, zugunsten staatlich anerkannter Bischöfe zurückzutreten. Auch das vatikanische Presseamt hatte Berichte zu Meinungsverschiedenheiten über die China-Politik des Heiligen Stuhls zurückgewiesen. Zuletzt hatte der frühere Erzbischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, dem Vatikan einen "Ausverkauf" der katholischen Kirche in China vorgeworfen.
Blinder Gehorsam gefordert?
Parolin betonte jetzt, es gehe keinesfalls darum, das Leid der Katholiken in China zu vergessen oder zu schmälern. Er rief jedoch zu Vertrauen und Treue gegenüber dem Papst auf und auch dann Gehorsam zu leisten, wenn "nicht alles sofort verständlich erscheint".
"Und wenn jemand um ein Opfer gebeten wird, sei es groß oder klein, muss allen klar sein, dass es nicht der Preis für einen politischen Tauschhandel ist, sondern unter der biblischen Perspektive eines höheren Gutes erfolgt", so Parolin. Man müsse "realistische seelsorgliche Lösungen" finden, die den Katholiken ermöglichten, ihren Glauben und die Evangelisierung "im besonderen chinesischen Kontext" zu leben.
Zugleich betonte Parolin erneut, Papst Franziskus sei bestens über die Lage der Katholiken in China informiert. Er verfolge die Kontakte mit den Autoritäten der Volksrepublik persönlich und "all seine Mitarbeiter handeln in Übereinstimmung mit ihm", so Parolin. Niemand ergreife "private Initiativen". Kardinal Zen hatte in einem Blogbeitrag geschrieben: "Ich bin ein Pessimist, was die derzeitige Lage der Kirche in China betrifft."
Wie geht es weiter?
Darauf angesprochen sagte Parolin, in der Kirche habe jeder das Recht, seine Meinung und Kritik zu äußern, und der Heilige Stuhl habe "die moralische Pflicht, sie mit Bedacht einzuschätzen". Er betonte, eine persönliche Meinungsäußerung könne jedoch nicht als "einzige Interpretation dessen, was das Wohl der Katholiken in China ist", angesehen werden. Man müsse mit Bedacht handeln, Polemik schade. Das Leid der katholischen Kirche in China hänge oftmals weniger vom Willen einzelner Personen ab, sondern sei vielmehr "der objektiven Komplexität der Situation" geschuldet.
Die diplomatischen Beziehungen zwischen Rom und Peking gelten seit Jahrzehnten als festgefahren. Zuletzt gab es erneute Annäherungsbemühungen. Ein Kernproblem ist die Frage der Bischofsernennungen. Dazu sagte Parolin nun, "so Gott will" werde es möglich sein, sich als Brüder zu begegnen und nicht mehr von "legalen und illegalen Bischöfen" oder "Untergrund- und offiziellen Bischöfen" sprechen zu müssen. Peking sieht die Ernennung katholischer Bischöfe als innerchinesische Angelegenheit.