Die 18. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf verurteilte am Montag neun Angeklagte zu Gesamtfreiheitsstrafen zwischen sieben und zwei Jahren (AZ: 18 KLs 2/17). Der Gesamtschaden beläuft sich auf mindestens 4,7 Millionen Euro.
Die fünf Männer und vier Frauen, die überwiegend aus Russland oder der Ukraine stammen, haben als Bande von 2008 an bis zu ihren Festnahmen im September 2016 über fünf Gesellschaften nicht erbrachte Pflegedienstleistungen gegenüber Krankenkassen und dem Amt für soziale Sicherung der Städte Düsseldorf und Neuss abgerechnet, wie das Gericht erklärte.
Wenige Patienten tatsächlich behandelt
Nur ein Bruchteil der Patienten, die überwiegend aus Russland, der Ukraine und anderen Staaten der früheren Sowjetunion stammen, sei über die involvierten Pflegedienste so gepflegt worden, wie es die Ärzte verschrieben hatten und wie es gegenüber den Krankenkassen und Kommunen abgerechnet wurde.
Ansonsten wurden bandenmäßig die Leistungsnachweise in großem Umfang betrügerisch erstellt beziehungsweise angepasst, wie das Gericht erklärte. Statt der verschriebenen Pflegeleistungen erhielten die Patienten etwa Geldleistungen, wurden zum Arzt gefahren, bekamen die Wohnung geputzt oder erhielten Maniküre oder Pediküre.
Aus dem auf diese Weise erzielten Gewinn zahlten die Angeklagten an Pflegekräfte Schwarzgeld und an Ärzte Bestechungsgelder, wie die Richter erläuterten. Darüber hinaus bereicherten sich die Angeklagten in erheblichem Maße, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.
Der Hauptangeklagte etwa, der zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt wurde, muss Taterträge in Höhe von über 490.000 Euro erstatten. Bei der Medicon Gesellschaft hat die Strafkammer die Einziehung von Wertersatz in Höhe von knapp 880.000 Euro angeordnet.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt werden.
Wohl keine Einzelfälle
Die Stiftung Patientenschutz in Dortmund unterstrich, dass die vor Gericht verhandelten Fälle keine Einzelfälle seien. Der Blick in den aktuellen Pflege-Qualitätsbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen zeige, dass es bei fast einem Drittel (28,3 Prozent) der Pflegedienste in Deutschland Auffälligkeiten bei der Abrechnung gab. Bei fast sieben Prozent seien sogar grobe Auffälligkeiten mit mindestens sechs Fehlern festgestellt worden.
Stiftungsvorstand Eugen Brysch forderte mehr Engagement seitens des Gesetzgebers. Es fehle eine einheitliche Patientennummer für Kranken- und Pflegeversicherung, um Doppelabrechnungen sichtbarer zu machen, kritisierte er. Auch gebe es in einigen Bundesländern keine Schwerpunktstaatsanwaltschaften für das Gesundheitswesen.