"Der Souveräne Malteserorden ist eine der ältesten Institutionen der westlichen und christlichen Zivilisation." Mit diesen Worten präsentiert sich der Malteserorden im Internet. Stolz auf die eigene Geschichte schwingt da mit. Die umweht den Passanten auch in Roms Via dei Condotti. Im Herzen der Altstadt befindet sich der "Magistralpalast", der Regierungssitz der Malteser. Heute ist der Orden, dessen Wurzeln im 11. Jahrhundert liegen, ein eigenes Völkerrechtssubjekt. Er kann beispielsweise diplomatische Beziehungen zu anderen Ländern aufnehmen. Unlängst erst kam Deutschland als 107. Staat dazu.
Der erste christliche Krankenpflegeorden hat sich längst zu einer modernen, weltumspannenden Organisation gewandelt, die in der Entwicklungs- und Katastrophenhilfe sowie im Gesundheitssektor aktiv ist. Geblieben ist ein Sinn für Tradition, verkörpert nicht zuletzt durch die vielen adeligen Mitglieder in Führungsämtern des Ordens. Das noble Image bekam vor gut einem Jahr allerdings Risse, als der damals oberste Malteser, Großmeister Fra Andrew Festing, seinen Großkanzler Albrecht von Boeselager entließ.
Schlagabtausch zwischen Vatikan und Festing
Es folgte ein Schlagabtausch zwischen Vatikan und Festing - was manche Medien als eine Art Stellvertreterkrieg zwischen Anhängern und Kritikern von Papst Franziskus interpretierten. Anfang 2017 musste der Brite Festing zurücktreten; der Deutsche von Boeselager wurde wieder in sein Amt eingesetzt. Der Italiener Fra Giacomo Dalla Torre übernahm im April übergangsweise die Leitung. Franziskus ernannte Kurienerzbischof Angelo Becciu zum Sonderbeauftragten für den Orden, der diesen bei Reformen begleiten soll.
Darum geht es auch bei dem Treffen von rund 140 Maltesern von Donnerstag bis Sonntag in Rom. Wie Großkanzler von Boeselager erläutert, handelt es sich um einen Zwischenschritt: "Vor einer möglichen Verabschiedung der Reformen durch das Generalkapitel steht unter anderem noch die kirchenrechtliche Prüfung der geplanten Neuerungen." Einen festen Fahrplan gebe es nicht. "Wir wollen uns bewusst die nötige Zeit lassen."
Ein wichtiger Punkt ist laut von Boeselager die künftige Rolle jener Mitglieder, die Gelübde für Armut, Keuschheit und Gehorsam abgelegt haben. Nur etwa 60 der rund 13.500 Ritter und Damen gehören diesem Ersten Stand des Ordens an. Zugleich sitzen diese Professritter an den Schaltstellen des Ordens. Die Frage stelle sich, so von Boeselager, welche Ämter außer denen des Großmeisters und denen, die ihre direkten Oberen sind, den Professrittern vorbehalten bleibt. Aus diesem Kreis drang wenige Tage vor dem Treffen in Rom ein Vorstoß von Großkomtur Fra Ludwig Hoffmann-Rumerstein an die Öffentlichkeit. Der Österreicher wandte sich mit einem Brief direkt an den Papst.
Papst soll Änderung in der Verfassung des Ordens durchsetzen
Franziskus solle "durch seine höchste Autorität" eine Änderung in der Verfassung des Ordens durchsetzen, damit Professritter künftig die Mehrheit in allen Leitungsgremien stellen, zitiert die englische Wochenzeitung "The Tablet" aus dem Schreiben.
Das würde dem Ersten Stand eine noch wichtigere Rolle im Orden einräumen. Auffällig ist ein Zusatz in den Ausführungen von Hoffmann-Rumerstein. Auch der nächste Großmeister solle wieder aus dem Kreis der Professritter stammen - allerdings ohne umfangreiche Adelsnachweise erbringen zu müssen. Das würde den Kreis der Kandidaten für das Amt erhöhen. Beobachter werten dies als eine Spitze gegen den aus einer alten römischen Adelsfamilie stammenden Übergangsleiter Dalla Torre. Sprecherin Marianna Balfour erinnert dagegen daran, dass diese Diskussion bereits vor der Wahl Dalla Torres geführt wurde.
Franziskus ließ laut dem "Tablet" über Kurienerzbischof Becciu ausrichten, er wolle einstweilen nicht erneut in die Belange des Ordens eingreifen - behalte sich dieses Recht aber vor, sollten die Reformvorschläge nicht mit dem Geist des Ordens übereinstimmen. Mehr noch: Er verhängte der Darstellung zufolge einen vorläufigen Aufnahmestopp bei den Professrittern. Ein Warnschuss? Von einem neuerlichen "Machtkampf" will Balfour nichts wissen. Und auch von Boeselager betont: "Dass es im Rahmen eines Reformprozesses unterschiedliche Meinungen gibt, ist normal." Dies sei "kein Alleinstellungsmerkmal des Malteserordens; das finden Sie überall".