Kölner Domführer über Luftgitarren auf der Kommunionbank

"Jede Führung ist anders"

Der 21. Februar ist der Tag des Fremdenführers. Carsten Schmalstieg führt seit über 20 Jahren durch den Kölner Dom. Im Interview verrät er, wie er die Aufmerksamkeit von Jugendlichen gewinnt und Führungs-"Schwarzfahrer" ausmacht.

Blick vom Vierungsturm auf die Hohenzollernbrücke während einer Domführung / © Harald Oppitz (KNA)
Blick vom Vierungsturm auf die Hohenzollernbrücke während einer Domführung / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was ist das Schöne an Ihrem Beruf – vieles wiederholt sich ja auf Dauer, oder?

Carsten Schmalstieg (Fremdenführer am Kölner Dom): Das sollte man meinen, aber tatsächlich ist jeder Tag neu und jede Führung anders, weil meine Gäste jedes Mal andere sind. Ich muss mich ständig auf wechselnde Situationen einstellen. 

DOMRADIO.DE: Die Gruppen sind ja nicht unbedingt religiös. Sie haben nur am Rande Interesse daran, dass der Dom ein Gotteshaus ist. Können Sie trotzdem etwas Spiritualität vermitteln während Ihrer Führungen?

Schmalstieg: Ja, darin sehe ich eigentlich meine Hauptaufgabe. Auch religiös sozialisierte Gruppen wissen oft nichts mehr über die Bezüge in solch einem Raum. Da ist es meine Aufgabe, mich wirklich an der Gruppe zu orientieren und das Wissen so zu vermitteln, dass auch die Gruppe etwas davon hat.

DOMRADIO.DE: Nicht alle wissen, wie man sich in einer Kathedrale zu verhalten hat. Es soll schon Asiaten gegeben haben, die ins Weihwasserbecken gespuckt haben, weil sie dachten, es sei ein Spucknapf. Kennen Sie solche befremdlichen Situationen?

Schmalstieg: Leider ja. Ich erlebe sehr häufig, dass im Dom telefoniert wird oder irgendjemand auf eine Kommunionbank klettert und dort Luftgitarre spielen möchte – das sind dann solche Situationen, die man freundlich aber bestimmt unterbinden kann.

DOMRADIO.DE: Wie ist das mit Jugendgruppen, die von ihren Lehrern gezwungen werden, sich durch den Dom führen zu lassen. Wie meistern Sie diese Herausforderung?

Schmalstieg: Ich habe die Erfahrung gemacht: Je besser der Lehrer oder die Lehrerin die Gruppe vorbereitet hat, desto besser ist auch das Verhalten der Gruppe. Aber natürlich kommt es vor, dass eine gewisse Gruppendynamik entsteht und sich die Schülerinnen und Schüler unterhalten. Aber ich habe da gewisse Techniken, um auch wieder für die nötige Aufmerksamkeit zu sorgen.

DOMRADIO.DE: Was für Techniken sind das?

Schmalstieg: Es reicht meist schon, wenn ich meinen Vortrag für einen Moment unterbreche. Ich warte solange die Reaktion ab, thematisiere das und dann ist meist auch Ruhe.

DOMRADIO.DE: Aber vermutlich muss man sich gut auf die Jugendlichen einlassen, damit sie folgen können, oder?

Schmalstieg: Ja natürlich, der Stoff muss zielgruppengerecht gestaltet werden. Noch wichtiger ist, dass ich die Fragen der Jugendlichen ernst nehme. Wenn sie spüren, dass ich sie ernstnehme, dann ist die Aufmerksamkeit sofort da und das Interesse bleibt.

DOMRADIO.DE: Gibt es eigentlich schon mal Dombesucher, die sich klammheimlich einer fremden Gruppe anschließen und so tun als würden sie dazugehören?

Schmalstieg: Ja, und die erkennt man ja auch sehr gut, weil die dann keine Kopfhörer tragen. Wir arbeiten seit einiger Zeit mit Mikrofonen – das ist eine große Erleichterung für uns. Dadurch sind "Schwarzfahrer" natürlich gut auszumachen.

DOMRADIO.DE: Unangemeldete Führungen sind im Kölner Dom seit einigen Jahren verboten. Sehen Sie trotzdem ab und zu Privatführungen?

Schmalstieg: Ja, das ist ein großes zunehmendes Problem, weil sehr viel Tourismus nach Köln eingeschleust wird - etwa durch Schiffe auf dem Rhein. Es kommt vor, dass sich viele Gruppen illegal wie U-Boote durch den Dom bewegen. Gott sei Dank haben wir unseren Dom-Präsenzdienst, der dann für das Einhalten der Regeln sorgt.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Domführung in Köln / © Tjalke Weber (KNA)
Domführung in Köln / © Tjalke Weber ( KNA )

Kölner Dom: Ein schmaler Gang auf 45 Metern Höhe ist mit Ebene 3 gekennzeichnet / © Harald Oppitz (KNA)
Kölner Dom: Ein schmaler Gang auf 45 Metern Höhe ist mit Ebene 3 gekennzeichnet / © Harald Oppitz ( KNA )

Besucher des Kölner Doms bestaunen das Deckengewölbe / © Tjalke Weber (KNA)
Besucher des Kölner Doms bestaunen das Deckengewölbe / © Tjalke Weber ( KNA )
Quelle:
DR