Muss die CDU konservativer werden? Oder christlicher? Oder beides zugleich? Schon vor dem Parteitag am Montag diskutiert die Partei über ein neues Grundsatzprogramm sowie über Werte und die Bedeutung des christlichen Menschenbilds. "Ich halte es für notwendig, dass wir noch einmal deutlich machen, was unsere Grundlage ist, nämlich das christliche Menschenbild", sagte die saarländische Ministerpräsidentin und Kandidatin für das Amt der Generalsekretärin, Annegret Kramp-Karrenbauer dem "Spiegel".
CSU fordert konservativeres Profil
Die CDU habe immer verschiedene konfessionelle und weltanschauliche Strömungen vereint. Wenn ein von manchen propagierter Rechtsruck bedeute, "dass wir diese Wurzeln kappen und uns nur noch als konservative Partei definieren, dann bin ich strikt dagegen". Neben anderen hatte der designierte bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein deutlich konservativeres Profil der Union gefordert - auch um der AfD wieder Wähler abzuluchsen.
"Christliches Leitbild" bewahren
"Das christliche Menschenbild steht über allem und ist deshalb auch der erste Buchstabe in unserem Parteinamen", sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet dem "Focus": Darin fänden sich die konservativen, christlich-sozialen und liberalen Kräfte wieder, die die Wurzeln der CDU bildeten.
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier ergänzte, ein neues Grundsatzprogramm müsse "deutlich machen, wie sich die Union den Zusammenhalt der Gesellschaft vorstellt - gespeist vom christlichen Leitbild". Die beiden stellvertretenden Bundesvorsitzenden betonten zudem, die Union stehe auf einem christlichen und nicht alleine auf einem konservativen Fundament.
Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther wünscht sich eine stärkere Werteorientierung seiner Partei: "Manchmal könnte das Konservative der Union gern kräftiger hervortreten", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Die wahrnehmbare Spaltung unserer Gesellschaft offenbart doch die in Deutschland verbreitete Sehnsucht nach Wertorientierung und Gewissheit. Das gilt etwa für die Frage, ob die Migration und Zuwanderung nicht zu einer Verschiebung unserer Grundwerte führen."
Klöckner will Orientierung
Bei der CDU gehe es "um Werte und nicht um Wanderdünen", sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende Julia Klöckner. Ihr gehe es dabei "um Orientierung in Zeiten der Veränderung". Bei wichtigen Entscheidungen - etwa "bei ethischen Fragestellungen, bei der Frage des ungeborenen Lebens" - entlaste sie ihr christlicher Glaube, betonte die Katholikin in Vallendar bei einem Festakt anlässlich des 70. Geburtstags von Kardinal Gerhard Ludwig Müller.
Neue ethische Debatten
Im Deutschlandfunk sagte Nachwuchspolitikerin Diana Kinnert, die auch Mitglied in der CDU-Reformkommission ist, sie erhoffe sich "zum Beispiel durch eine neue Generalsekretärin, die ihre Wurzeln auch in der christlichen Soziallehre hat, dass wir da neue ethische Debatten führen". Diese sollten "zum Grundsatz der CDU zurückführen" und sich auch mit neuen Debatten beschäftigen, "was Maschine und Mensch und der technologische Wandel für unsere ethischen Debatten zur Folge haben".
Christliche Wurzeln stärken
Unterdessen warnte Kulturstaatsministerin Monika Grütters vor einer Entchristlichung der Gesellschaft: "Eine strikte religiöse Neutralität des Staates und eine Privatisierung der Religion fördert nicht Toleranz und Weltoffenheit der Gesellschaft. Im Gegenteil: So legt man die Axt an ihre Wurzeln", sagte sie bei einer Konferenz in Hamburg.
Dabei plädierte sie für eine Gesellschaft, die sich zu ihren christlichen Wurzeln und ihrer Identität bekennt: "Unsere vom Christentum geprägte Geschichte, trägt und prägt auch unsere Kultur der Verständigung." Grütters appellierte an alle Christen, sich öffentlich zu ihren Werten zu bekennen. Das gelte auch für Politiker.
Beim CDU-Parteitag am Montag will die Partei unter anderem einen Diskussionsprozess über ein neues Grundsatzprogramm starten, das das alte aus dem Jahr 2007 ablösen soll. In diesem Zusammenhang gibt es Debatten, wie konservativ die Partei sein sollte - nicht zuletzt mit Blick auf Wähler, die zuletzt der AfD ihre Stimme gegeben hatten.
Gottfried Bohl