DOMRADIO.DE: Popstars touren durch Konzerthallen und Stadien, Sie touren durch die Küchen im Bistum. Also wie funktioniert das? Eine Familie lädt Sie zum Essen ein und Sie kommen dann?
Helmut Karl Dieser (Bischof des Bistums Aachen): Ja, ganz unterschiedliche Personen laden uns ein. Wir wissen nicht, wer das ist oder was uns erwartet. Sie wenden sich an unser Koordinationsbüro und vereinbaren einen der Termine, die wir - die Weihbischöfe, der Generalvikar und ich - freigegeben haben. Und wir kommen dann in die Häuser.
DOMRADIO.DE: Es gibt ja noch eine andere Facette dieses Projekts, nämlich dass Sie größere Gruppen einladen und an besonderen Orten im Bistum treffen. Aber was ist der besondere Reiz im Kleinen, am Küchentisch zu Hause?
Dieser: Zunächst einmal ist das zeichenhafte Hingehen ein wichtiges Symbol, das wir in der Kirche neu suchen. Die Ausrichtung auf die Menschen von heute hin. Und eben nicht nur das Signal auszusenden: "Kommt doch zu uns, bei uns ist es schön", sondern umgekehrt: "Ich möchte zu dir, denn auch bei dir spielt das Leben; denn auch bei dir kommt es darauf an, das Leben, den Glauben und die Zugehörigkeit zur Kirche zu entdecken." In diesem Sinne möchten wir zu Menschen hingehen. Der Küchentisch ist dafür eigentlich der schönste Ort, weil dort Leben und Gespräche über das Leben und Gemeinschaft erfahrbar sind.
DOMRADIO.DE: Und die Menschen müssen zwingend katholisch sein?
Dieser: Nein, das war bisher auch unterschiedlich.
DOMRADIO.DE: Wenn schön gekocht wird, gibt es durchaus unangenehmere Termine als Bischof, oder?
Dieser: Ja, auf jeden Fall. Es ist bisher immer mit sehr viel Freude und nach wie vor mit Überraschung verbunden.
DOMRADIO.DE: Kommen Sie mit einem Thema? Oder lassen Sie sich überraschen von Ihren Gastgebern, was die mit Ihnen besprechen wollen?
Dieser: Ich sage immer, wir kommen zuerst zum Zuhören. Und wir lassen uns auf die Themen ein, die vom Gastgeber oder der Gastgeberin und den Gästen, die zusätzlich eingeladen wurden, auf den Tisch gebracht werden.
DOMRADIO.DE: Wir sind natürlich neugierig, was da so gesprochen wird in kleiner Runde...?
Dieser: Da möchte ich natürlich nichts ausplaudern, es geht tatsächlich um zentrale Fragen. Und darum, wie wir heute leben und wie sich alte Bilder von Kirche heute darstellen können – die bei den meisten aus ihrer Kindheit und Jugend vorhanden und sehr positiv besetzt sind, die sie aber heute nicht mehr eins zu eins widerfinden können. Auch darum, wie sich ähnliche Erfahrungen mit Kirche, Glauben und dem Austausch darüber, herstellen lassen.
DOMRADIO.DE: Sie bekommen Unterstützung von Ihrem Generalvikar und zwei Weihbischöfen – tauschen Sie sich untereinander aus?
Dieser: Ja sicher, wir werten die Gespräche aus. Es gibt auch eine Begleitung, die die Aufgabe hat, die wesentlichen Inhalte unserer Gespräche festzuhalten, weil wir tatsächlich mehr erfahren möchten, was Menschen heute bewegt, wenn es um Glaube und Kirche geht. Wo sitzt die eigentliche Kritik oder wie artikuliert sich die eigentliche Sehnsucht nach einer Kirche, die für sie sehr kostbar sein könnte? Darum geht es, und deshalb wird kräftig mitgeschrieben - natürlich anonymisiert - so dass wir die Gespräche tatsächlich auch auswerten können.
Mehr Informationen zum Projekt gibt es auf der Internet-Seite Heute bei dir.de.
Das Gespräch führte Tobias Fricke.