Andreas Westerfellhaus wird Pflegebeauftrager

"Zu Hause bleiben und Rasenmähen ist nichts für mich"

Mehr Selbstbewusstsein, mehr Selbstbestimmung: Das waren die Ziele von Andreas Westerfellhaus für die Pflegenden. Acht Jahre war er Chef des Deutschen Pflegerates. Jetzt wird er Pflegebeauftragter der Bundesregierung.

 (DR)

Am ersten Tag seiner Amtszeit hat der neue Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beim Deutschen Pflegetag in Berlin stehende Ovationen eingeheimst. Der Grund: Vor den Vertretern der Pflegebranche kündigte er an, den früheren Präsidenten des Deutschen Pflegerats, Andreas Westerfellhaus (61), zum neuen Pflegebeauftragten der Bundesregierung zu ernennen.

Pflegekräften eine Stimme geben

Aus Sicht der Teilnehmer des Pflegetages hätte die Entscheidung nicht besser sein können. Denn von 2009 bis 2017 hat der 61-jährige Westfale als Präsident des Deutschen Pflegerats mit großer Energie und viel Temperament dafür gekämpft, den professionell Pflegenden eine stärkere Stimme in Politik und Gesellschaft zu geben.

Nach zwei Amtszeiten musste der gelernte Krankenpfleger aus Rheda-Wiedenbrück dieses Amt allerdings turnusgemäß abgeben - sehr ungern, wie er durchblicken ließ.

Präsident des Pflegerats, das war bei Westerfellhaus ein Ehrenamt, das 30 bis 40 Wochenstunden beanspruchte. Und das der Vater von drei Kindern zusätzlich zu seinem Brotberuf als Geschäftsführer der Zentralen Akademie für Berufe im Gesundheitswesen in Gütersloh ausgefüllt hat.

Haifischbecken Gesundheitswesen

Der begeisterte Bergwanderer bezeichnet sich als Optimisten - der allerdings im Haifischbecken Gesundheitssystem mit vielen Widerständen zurecht kommen musste. "Es lohnt sich, für diesen Beruf zu kämpfen", versicherte er. Und das nimmt man ihm, der - nach Ehrenamt beim Malteser Hilfsdienst - den Beruf von der Pike auf lernte, auch ab.

Westerfellhaus' Mission war es, der größten Berufsgruppe im Gesundheitswesen mehr politischen Einfluss und mehr Selbstbestimmung zu verschaffen. "Man redet nicht mit uns, sondern über uns", hat er lange beklagt. Das hat sich mittlerweile geändert: "Pflege ist das wichtigste gesundheitspolitische Thema in diesem Jahrzehnt", sagt Westerfellhaus heute. "Wir haben eine Aufmerksamkeit wie noch nie."

Denn in Krankenhäusern und Altenheimen ist vom drohenden Pflegenotstand die Rede. Mehr als 2,9 Millionen Bundesbürger erhalten derzeit Leistungen der Pflegeversicherung. Bis 2050 könnten es rund 4,5 Millionen sein. Auch die Krankenhäuser erwarten angesichts des demografischen Wandels steigende Patientenzahlen.

"Die Politik hat die Leistungsträger vergessen"

"Die zentrale Frage ist doch: Wer soll die dringend notwendigen Leistungen erbringen?", beschreibt Westerfellhaus das Problem. Die Reformen der Pflegeversicherung drohten angesichts des Fachkräftemangels ins Leere zu laufen, warnt er. Die Pflegenden stünden vor dem Kollaps. "Die Politik hat die Leistungsträger vergessen."

Attraktivere Bezahlung, Aufstiegsmöglichkeiten, Mindestpersonalgrenzen, weniger Leistungsdruck und mehr Kompetenzen gegenüber den ärztlichen Berufen, so lauteten seine Forderungen als Chef des Pflegerats.

Doch Westerfellhaus will mehr. Die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen müsse sich selbst verwalten können und mehr Selbstbewusstsein entwickeln, forderte er. Nach seinen Worten sind es starke Lobbygruppen, die den Einfluss klein halten wollen: Ärzte, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände.

"Das Wir muss im Vordergrund stehen"

Dennoch setzt Westerfellhaus auf Kooperation: "Die Berufsgruppen im Gesundheitswesen müssen gemeinsam Leistungsträger sein", sagt er. "Das Wir muss im Vordergrund stehen." In den vergangenen Jahren hat Westerfellhaus den Deutschen Pflegetag als eigenständiges jährliches Branchentreffen in Berlin etabliert.

Die Gründung von Landespflegekammern und einer Bundespflegekammer hat er mit viel Energie und Ungeduld betrieben - das Bohren dicker Bretter beherrscht er.

Die Netzwerke, die er sich in der Gesundheitspolitik und der Gesundheitswirtschaft aufgebaut hat, funktionieren nach seinem Eindruck mittlerweile hervorragend. "Ich habe großes Interesse, mich weiter in der Gesundheits- und Pflegepolitik zu engagieren", betonte er kurz vor seinem Rücktritt. "Zu Hause bleiben und Rasenmähen ist nichts für mich." Davor muss er jetzt als neuer Pflegebeauftragter der Bundesregierung keine Angst mehr haben.

Christoph Arens


Andreas Westerfellhaus / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Andreas Westerfellhaus / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )
Quelle:
KNA
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