Kirchen und Gewerkschaften kritisieren Beschluss für mehr Sonntagsöffnungen

Gegen "Entfesselungspaket"

Nordrhein-Westfalen weitet die Sonntagsöffnungen deutlich aus. Mit dem "Entfesslungspaket" will die Landesregierung den Handel stärken. Kirchen und Gewerkschaften warnen vor einer Aushöhlung des Sonntags und vor schlechteren Arbeitsbedingungen.

 (DR)

In Nordrhein-Westfalen dürfen die Geschäfte künftig an deutlich mehr Sonn- und Feiertagen als bislang geöffnet werden. Der Düsseldorfer Landtag verabschiedete am Mittwoch das sogenannte "Entfesselungspaket 1" und stimmte damit auch einer Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes zu. Die Kommunen haben damit nun die Möglichkeit, jährlich an bis zu acht statt bislang vier Sonn- oder Feiertagen die Geschäfte bis zu fünf Stunden zu öffnen.

Kritik und Zustimmung

Innerhalb einer Kommune dürfen nicht mehr als 16 Sonn- und Feiertage pro Jahr freigegeben werden. Kirchen und Gewerkschaften kritisierten die Entscheidung. Zustimmung kam von den Industrie- und Handelskammern in NRW sowie dem Städtetag NRW.

Für das Gesetz "zum Abbau unnötiger und belastender Vorschriften in Land Nordrhein-Westfalen" stimmten die Regierungsfraktionen der CDU und FDP sowie die Fraktion der AfD und zwei fraktionslose Abgeordnete. SPD und Grüne votierten dagegen, ein fraktionsloser Delegierter enthielt sich. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) erklärte, mit dem ersten Entfesselungspaket schaffe die Landesregierung die Voraussetzung mehr Beschäftigung und wirtschaftliche Dynamik in NRW.

Man habe eine "rechtssichere Lösung" gefunden und "verlässlich Rahmenbedingungen für Kunden, Händler und Kommunen" geschaffen, um die Ladenöffnungen an Sonntagen durchzuführen. Vertreter der Oppositionsparteien widersprachen dieser Einschätzung und verwiesen darauf, dass es weiterhin rechtliche Unsicherheiten bei der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen gebe.

"Schutz des Sonntags wird weiter aufgeweicht"

Zugleich bemängelten mehrere Redner der Opposition, dass in dem Gesetz die Anregungen aus dem zum Thema "Ladenöffnungszeiten" gegründeten Runden Tisch nicht ausreichend berücksichtigt wurden. In dem Gremium hatten Vertreter von Kommunen, Handel, Kirchen und Gewerkschaften beraten. Laut Wirtschaftsminister Pinkwart seien dabei allerdings keine verwertbaren Vorschläge herausgekommen.

Die evangelischen Kirchen kritisierten die Landtagsentscheidung für mehr verkaufsoffene Sonntage in Nordrhein-Westfalen scharf. "Der Schutz des Sonntags wird so weiter aufgeweicht", erklärte die Präses der westfälischen Kirche, Annette Kurschus.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, sagte, die weitere Aushöhlung des grundgesetzlich verankerten Sonntagsschutzes führe in die falsche Richtung. Der Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, Dietmar Arends, mahnte, der regelmäßige arbeitsfreie Tag dürfe nicht leichtfertig ökonomischen Überlegungen geopfert werden. Die drei Landeskirchen hatten bereits in den vergangenen Monaten gegen die Pläne der Landesregierung Stellung bezogen.

"Tag des Gottesdienstes und der gemeinsamen Freizeit"

Auch der Leiter des Katholischen Büros NRW, Antonius Hamers, betonte den besonderen religiösen, kulturellen und gesellschaftlichen Wert des Sonntags. "Als Kirche werben wir für den Wert des Sonntags als Tag des Gottesdienstes und der gemeinsamen Freizeit", sagte der Vertreter der Bistümer bei Landtag und Landesregierung dem Internetportal "Kirche-und-Leben". Auch bezweifle er, dass die Neuregelung der Sonntagsöffnung die gewünschte Rechtssicherheit bringe.

Die Landesbezirksleiterin der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Gabriele Schmidt, bezeichnete die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten am Sonntag als "Angriff auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Handel". Zugleich kündigte sie weitere Klagen der Gewerkschaft gegen die Ladenöffnung an Sonntagen an, wenn diese ohne ausreichenden Sachgrund geplant werden sollten.

Eine weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im Einzelhandel erwartet auch die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in NRW, Anja Weber. Statt im Rahmen des Runden Tisches eine einvernehmliche Lösung zu finden, provoziere Schwarz-Gelb weitere Rechtsstreitigkeiten und belaste damit Einzelhändler und Beschäftigte, erklärte sie.

"Erster Schritt in die richtige Richtung"

Ein positives Echo fand die Novellierung dagegen bei Kommunal- und Wirtschafsvertretern. Die IHKs in NRW erklärten, mit dem neuen Ladenöffnungsgesetz erhielten die Kommunen "eine belastbare Grundlage, um die Ausnahme für die Sonntagsöffnungen zu formulieren".

Allerdings bedürfe es "weiterer Hilfestellungen für die Akteure vor Ort", hieß es. Der Städtetag NRW sieht in der Neuregelung "den ersten Schritt in die richtige Richtung", erwartet für die Kommunen aber auch eine "Auslegungshilfe", wie Sonntagsöffnungen rechtssicher umzusetzen sind.

Dabei sollte auch das Gespräch mit Kirchen, Gewerkschaften, kommunalen Spitzenverbänden sowie Wirtschafts- und Handelsverbänden gesucht werden, betonte der Geschäftsführer des Städtetags NRW, Helmut Dedy.


Quelle:
epd