"Wir sollten nun zügig zu einem abgestimmten Vorschlag kommen", sagte die SPD-Bundestagsfraktionsvize Eva Högl der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag). Nachdem sich Spahn zunächst nicht gesprächsbereit zeigte, sagte er am Wochenende, er könne sich in der Frage einen Kompromiss vorstellen. Dies begrüßten die Grünen und die SPD.
Högl erklärte weiter, Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) werde bald einen Entwurf vorlegen. "Wir werden für betroffene Frauen sicherstellen, dass Ärztinnen und Ärzte über die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen objektiv informieren können, ohne sich strafbar zu machen." Es sei "gut, dass Spahn dies jetzt ebenso sieht und öffentlich einlenkt".
Katholische Kirche will Paragraf erhalten
Anlass für die Debatte ist der Fall der Ärztin Kristina Hänel. Das Amtsgericht Gießen hatte sie Ende vergangenen Jahres wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe verurteilt. Es berief sich dabei auf den Paragrafen 219a. Dieser untersagt "das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen" von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht. Die katholische Kirche macht sich für eine Beibehaltung des Paragrafen stark gemacht.
Auch die Grünen-Sprecherin für Frauenpolitik, Ulle Schauws, begrüßte die Bereitschaft von Spahn. "Wir müssen für objektive Informationen für Frauen und für Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte sorgen, und zwar außerhalb des Strafgesetzbuches", so Schauws. Es sei völlig offenkundig, dass der betreffende Paragraf 219a des Strafgesetzbuches objektive medizinische Informationen verhindere und dass Frauen, die sich in einer Notlage befänden, einen sehr berechtigten Anspruch auf solche Informationen haben.
Eigene Entwürfe der Fraktionen
Grüne, Linke und die FDP haben jeweils einen Entwurf zur Reform des Paragrafen vorgelegt. Mit Blick auf den Koalitionsfrieden hatte die SPD ihren Antrag, der eine Abschaffung des Paragrafen vorsieht, Anfang März zurückgezogen. Die Spitzen von Union und SPD kündigten an, dass das Bundesjustizministerium einen neuen Vorschlag erarbeiten solle.
Auch der familienpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg (CDU), signalisierte Kompromissbereitschaft. Frauen hätten ein Recht, von Beratungsstellen "umfassend und neutral" informiert zu werden.
"Wenn das in der Praxis nicht überall funktioniert, sollten wir gesetzlich nachbessern", erklärte Weinberg gegenüber der Zeitung. Er schlägt vor: "Am Ende des Beratungsprozesses sollten die Frauen von den Schwangerschaftskonflikt-Beratungsstellen eine aktuelle, möglichst lückenlose Liste über Ärztinnen und Ärzte, die den Abbruch in erreichbarer Nähe durchführen, auf ihren Wunsch erhalten."