DOMRADIO.DE: An diesem Dienstag beginnt in Brüssel die Geberkonferenz der Europäischen Union und der Vereinten Nationen. Warum könnte es besonders in der Provinz Idlib zu einer humanitären Katastrophe kommen?
Dirk Hegmanns (Regionaldirektor der Welthungerhilfe für die Türkei, Syrien und den Libanon): Die Provinz Idlib ist schon seit Jahren ein Rückzugsgebiet der Rebellen – es war in den letzten Jahren auch immer eine Hochburg. Und je nachdem, wo es zu schweren Kämpfen kam, sei es in Aleppo oder wie zuletzt in Ost-Ghuta, wurden die Rebellengruppen samt ihrer Familien in Bussen nach Idlib verfrachtet.
Auch sehr viele Zivilisten sind nach Idlib geflohen. Insofern ist die Provinz jetzt ein Brennpunkt innerhalb des Syrienkrieges. Es befinden sich dort derzeit zwei Millionen Menschen. Durch den großen Zustrom ergeben sich Engpässe in der Versorgung und da müssen die humanitären Organisationen jetzt sehen, wie sie die Bedürfnisse der Menschen decken.
DOMRADIO.DE: Inwieweit ist da die Welthungerhilfe aktiv?
Hegmanns: Wir sind schon seit Jahren in Idlib aktiv. Wir haben dort verschiedene Projekte mit syrischen Nichtregierungsorganisationen, die für uns zum Beispiel Brotverteilungen machen. Brot ist ein ganz großer Faktor in der Nahrungsmittelversorgung der Flüchtlinge. Wir haben auch Trinkwasserversorgung betrieben und zerstörte Leitungen wieder aufgebaut. Wir haben teilweise auch Kerosin als Brennstoff im Winter verteilt. Wir haben Nahrungsmittelgutscheine verteilt, die man auf den noch vorhandenen Märkten gegen Lebensmittel einlösen kann, auch wenn diese bis zu acht- oder zehnmal teurer sind als unter normalen Umständen. Aber so können sich die Menschen zumindest versorgen.
DOMRADIO.DE: In Brüssel soll mehr Geld bereitgestellt werden, um den Menschen in Syrien zu helfen. Um wie viel Geld geht es da und welche Hoffnungen verbinden Sie mit dem Termin?
Hegmanns: Es nützt jetzt nichts, eine konkrete Zahl zu nennen. Die Bedürfnisse sind da. Wir bemühen uns, diese Bedürfnisse, was die Leute wirklich brauchen, zu erheben und reagieren dann darauf, indem wir mit unseren Partnern und den Gebern verhandeln, um diese Bedürfnisse decken zu können. Bei dieser Anzahl von Menschen sind die Bedürfnisse ständig da und wir sagen jetzt nicht, wir brauchen so und so viele Millionen, sondern wir wünschen uns die notwendige Flexibilität der Geber, dass wir angemessen darauf reagieren können.
Das Interview führte Verena Tröster.