Die Zahl der Priesterweihen in der katholischen Kirche in Deutschland verharrt 2018 auf niedrigem Niveau. Die Zahl der Neuaufnahmen in den Seminaren zeigt zugleich, dass es auch in den kommenden Jahren keine Trendwende geben dürfte.
Schwund seit den 1980er Jahren
Nach einer Umfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) werden 2018 in den 27 Bistümern voraussichtlich 61 junge Männer zu Diözesanpriestern geweiht. Das wäre die zweitniedrigste jemals registrierte Zahl. 2015 hatte es mit 58 Weihen einen Tiefststand gegeben, 1995 waren noch 186 Männer geweiht worden.
Die Gesamtzahl der Priester in Deutschland sinkt seit den 80er Jahren: Gab es 1990 noch fast 20.000 katholische Geistliche, waren es 2016 noch 13.856. Zunehmend übernehmen ausländische Priester Dienste in den Gemeinden, vor allem aus Indien und Polen - was nicht immer reibungslos verläuft.
"Der Konzern hat eine Schieflage"
Zudem legt die Kirche ihre Gemeinden zu immer größeren Einheiten zusammen. 2016 gab es 10.280 Pfarreien und Seelsorgeeinheiten, 1990 waren es noch 13.313 - ein Minus von 22,9 Prozent. Die Folge: Das Tätigkeitsprofil des Priesters ändert sich. Wer mehrere Gemeinden zu versorgen hat, kommt schnell in die Gefahr, von einer Messe zur nächsten zu hetzen.
"Der Konzern hat eine Schieflage", begründete der Münsteraner Priester Thomas Frings im vergangenen Jahr seinen zwischenzeitlichen Abschied aus der Gemeindeseelsorge und löste bundesweite Debatten aus. "Wir fusionieren bestimmte Abteilungen. (...) Trotzdem ist schon absehbar, dass der Betrieb auch für die fusionierten Abteilungen zu wenig Abteilungsleiter haben wird."
Erzbistum Köln engagiert beim Thema Berufung
Was tun gegen diesen Trend? Das Erzbistum Köln hat die Zeichen der Zeit erkannt. Das Engagement für alle Art von Berufung bildet seit Jahren einen inhaltlichen Schwerpunkt der Arbeit im Erzbistum. Der Kölner Erzbischof Kardinal Woelki hat deshalb gleich nach seiner Ernennung eigens eine Diözesanstelle für Berufungspastoral eingerichtet, die der Träger mehrerer Initiativen zur Förderung von Berufung aller Art ist: für den priesterlichen Nachwuchs, aber auch der Förderung von Berufung zu einem Dienst in der Kirche als Diakon oder als Pastoraler Dienst.
Zu dieser Förderung gehört konkret, junge Menschen bei Ihrer Suche zu unterstützen und auf dem Weg intensiv zu begleiten. Über den Internetauftritt www.berufen.de können sich interessierte junge Frauen und Männer über die verschiedenen Berufe der Kirche informieren.
Zusätzlich zu diesem Informationsangebot hat Kardinal Woelki im Januar diesen Jahres unter dem Namen "rogamus" eine eigene Stiftung gegründet, die konkrete Projekte zur Förderung der Berufungspastoral unterstützen soll (www.rogamus.de). Die Stiftung umfasst eine finanzielle Förderung von konkreten Projekten ebenso wie die Begleitung durch Gebet.
Durch diese genannten Initiativen und darüber hinaus den vielfältigen Anstrengungen in den Gemeinden vor Ort kann im Erzbistum Köln in der letzten Zeit einen Anstieg von jungen Männern und Frauen verzeichnet werden, die beispielsweise an Informationswochenenden zum Thema Berufung teilnehmen. Es ist das Ziel des Erzbistums, diesen positiven Trend weiter zu verstetigen.
Kein Job wie jeder andere
Dennoch ist klar, dass der Beruf des Seelsorgers kein Job ist wie jeder andere. Manche hoffen auf einen "Franziskus-Effekt". Bislang gibt es dafür aber kaum Anzeichen. Und der Papst? Dem Frauenpriestertum hat er eine Absage erteilt. Der Idee, bewährte verheiratete Männer zu weihen, steht er offener gegenüber.
Zunächst einmal hat Franziskus aber eine Jugendsynode einberufen, bei der es auch um Berufungen zu geistlichen Berufen gehen soll. Michael Maas, Direktor des in Freiburg gelegenen Zentrums für Berufungspastoral der Bischofskonferenz, setzt große Hoffnungen darauf. Für ihn ist eine der Hauptursachen für den Rückgang der Priesterberufungen, "dass es einen ganz breiten Rückgang des Glaubens gibt". Die Kirche müsse Jugendlichen deshalb mehr Mut zu einem geistlichen Leben machen, sagt er. Und sie müsse wieder lernen, Glauben selbstbewusst vorzuleben.
Auch in Medien und Öffentlichkeit müsse Kirche wieder in die Offensive kommen und darstellen, wie vieles auch gut laufe, fügt er hinzu. Der Geistliche verweist auf die von der Bischofskonferenz ins Leben gerufenen Internetprojekte "Valerie und der Priester" sowie "Gott im Abseits", mit denen es gelungen sei, junge Menschen über Kirche und Priester ins Gespräch zu bringen.
Maas räumt ein, dass die Entscheidungswege zum Priesterberuf länger werden. Von denen, die 2017 in einem Priesterseminar waren, kamen nur rund 25 Prozent direkt von Schule und Freiwilligendienst, 30 Prozent haben zuvor Theologie mit einem anderen Berufsziel studiert. Die übrigen hatten zuvor andere Fächer studiert oder gingen aus anderen Berufen ins Priesterseminar.
Dauerbrenner Zölibat
Vermutet werden darf, dass auch der Zölibat und die veränderten Arbeitsbedingungen den Berufswunsch "katholischer Priester" beeinflussen. Eine 2014 erhobene Umfrage "Zwischen Spirit und Stress" unter rund 8.600 Priestern, Diakonen sowie Pastoral- und Gemeindereferenten kam dabei allerdings zu überraschenden Ergebnissen.
Der Dauerbrenner Zölibat erwies sich - erwartungsgemäß - als einer der wichtigsten Faktoren für die Lebenszufriedenheit der Priester. 68 Prozent berichteten dabei aber von positiven Erfahrungen, jeder achte wird jedoch nicht oder nicht gut mit der Ehelosigkeit fertig.
59 Prozent würden sich wieder für diese Lebensform entscheiden, 23 Prozent nicht. Eine ähnliche Distanz zu berufsbedingten Lebensbedingungen gebe es aber auch bei Ärzten oder Lehrern, betont die Studie. Die zuständige Forschergruppe zeigte sich erstaunt über die insgesamt hohe "Lebenszufriedenheit" der Seelsorger. Sie liege deutlich über dem Durchschnitt der Bevölkerung.
Christoph Arens (kna)