Über den pastoralen Zukunftsweg im Erzbistum Köln

"Vision der Kirche von morgen"

Leere Kirchen und akuter Priestermangel – fehlt es der katholischen Kirche an Konzepten für ihre Zukunft? Nicht unbedingt, Konzepte und Strukturen gibt es zur Genüge. Jetzt muss sich die Kirche auf eine gemeinsame Vision konzentrieren.

Tafelaufschrift "Was braucht Kirche?" / © Harald Oppitz (KNA)
Tafelaufschrift "Was braucht Kirche?" / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Leere Kirchen, akuter Priestermangel und ein Image, was oftmals junge Menschen abschreckt – so sah das Bild der katholischen Kirche gestern Abend in der ARD aus. Die Dokumentation "Kirche ohne Priester?" hat sich mit den Zukunftssorgen der Kirche beschäftigt und dabei auch aufgezeigt, wie unterschiedlich damit in verschiedenen Ländern der Welt umgegangen wird. Sie haben die ARD-Doku gestern Abend im Ersten gesehen. Da wurden die deutschen katholischen Bischöfe so dargestellt, als hätten sie gar kein taugliches Konzept, was die Zukunft betrifft. Ist da was dran?

Pfarrer Regamy Thillainathan (Direktor der Diözesanstelle für Berufungspastoral im Erzbistum Köln): Die Frage ist, ob wir gerade an dem Ort, wo Gott uns hingestellt hat, ein Konzept brauchen oder ob wir nicht eine Vision brauchen. Und das stört mich einfach an der ganzen Debatte, dass wir von Konzepten und Strukturen sprechen, aber keiner von Visionen spricht – das habe ich auch in der Dokumentation vermisst. Und da würde ich sagen, müssen wir uns eher diese Frage stellen. Denn die Schwierigkeiten und Herausforderung, die wir heute als Kirche sehen und auch leidvoll erfahren, haben nicht damit zu tun, dass wir nicht genug Strukturen oder Konzepte haben – davon haben wir viel zu viele. Aber die Vision eines wandernden, pilgernden Gottesvolks, wie dieses Volk heute und morgen die Wege beschreitet, die der Herr uns zeigt, das ist die entscheidende Frage, die wir zu stellen haben und beantworten müssen.

DOMRADIO.DE: Dann stelle ich jetzt die schwierigste Frage: Wie sieht die Vision für uns als Kirche der Zukunft aus?

Pfarrer Regamy: Unser Erzbischof, Kardinal Woelki, hat in seinem Fastenhirtenbrief 2016 schon ganz klar gesagt, dass er nicht nur eine Ausformulierung seiner Vision haben will, sondern dass er eine von möglichst vielen Menschen und in unserem Glauben und Leben verwurzelte Vision entwickeln will. Und das ist ja mehr oder weniger ein Startschuss für den pastoralen Zukunftsweg gewesen. Viele wollen in diesem Zusammenhang wissen, was bedeutet das ganz konkret, welche Konzepte stecken dahinter? Und da geht es eigentlich darum, dass wir als Volk Gottes ausgehend von der Heiligen Schrift eine Vision entwickeln. Also nicht: Was hätte ich gerne und was ist das, was zu meinem Gusto notwendig wäre? Sondern: Was sagt uns die Heilige Schrift und wozu fordert sie uns auf?

DOMRADIO.DE: "Pastoraler Zukunftsweg" – darunter kann man im Prinzip die Marschrichtung dafür verstehen, was uns in den nächsten Jahren und Jahrzenten im Bistum erwartet. Ist das so richtig?

Pfarrer Regamy: Der pastorale Zukunftsweg ist eine Einladung, sich gemeinsam dieser Sendung und auch Berufung als Getaufte und Gefirmte bewusst zu werden. Das ist nicht etwas, das eine Konzeption vorgeben will, sondern der Erzbischof hat in seinem Fastenbrief Elemente und Bausteine beschrieben, die diesen pastoralen Zukunftsweg begleiten. Die dazu einladen, dass wir als Getaufte und Gefirmte, als Haupt- und Ehrenamtliche, aber auch als Menschen mit der Taufwürde, die wir alle haben, ins Gespräch kommen und auf die Suche gehen. 

DOMRADIO.DE: Gibt es denn da schon Schritte, die in den zwei Jahren schon umgesetzt wurden?

Pfarrer Regamy: Es sind viele Schritte umgesetzt worden. Es geht aber auch darum, dass die Elemente und Bausteine, von denen der Erzbischof spricht, Haltungen sind, derer wir uns bewusst werden dürfen und müssen und einzuüben haben. Zum Beispiel geht es darum, dass wir eine Kirche sein wollen, in der wir Priester, Ordensleute und Laien uns alle als Schwestern und Brüder in einer wertschätzenden Weise anerkennen. Was so selbstverständlich klingt ist nicht überall Realität. Und oft gibt es viel zu tiefe Gräben, die aus irgendwelchen Gründen aufgebaut worden sind. Aber da sagt der Erzbischof, das ist nicht die Kirche, die wir sein wollen hier in unserem Erzbistum. 

Deswegen sollen und dürfen alle Getauften ihre Gaben einbringen. Denn es ist nicht nur eine Verpflichtung, es ist auch ein Recht jedes Einzelnen. Und das bedeutet auch, dass wenn man gemeinsam unterwegs ist und Verantwortung übernimmt. Fehler passieren - deswegen ist es ein auch Lernweg. Und er weist eben auch darauf hin, dass die Gemeinde nicht erst dann Gemeinde ist, wenn ein Priester da ist. Ganz im Gegenteil: Überall wo Menschen, Männer und Frauen als Christen und Christinnen ihre Berufung entdecken und wo sie Glauben und Leben miteinander teilen, da ist die Gemeinde schon zugegen. Und die Frage ist: Wie kann das Erzbistum diese Menschen vor Ort unterstützen, damit Gemeinde auch morgen gelingen kann.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Pfr. Regamy Thillainathan (DR)
Pfr. Regamy Thillainathan / ( DR )
Quelle:
DR
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