DOMRADIO.DE: Was ist die Lampe des Friedens und woher kommt sie?
Bruder Thomas Freidel (Pilgerseelsorger im Franziskaner-Konvent in Assisi): Es handelt sich um eine ganz einfache kleine Lampe aus Glas, die mit brennbarem Material, im Idealfall Olivenöl gefüllt wird. Diese Lampe hat eine Tradition in der Region Umbrien. Man kennt diese kleinen Lampen schon aus der früheren Zeit, als es noch keine Elektrizität gab. In jüngerer Zeit ist die Lampe zu einem Symbol geworden. Seit den 1980er Jahren erwähnten wir sie hier als Symbol für den Frieden. Die gläserne Lampe mit dem Öl drinnen ist also ein Zeichen für Licht, für Leben, das Olivenöl ist das kostbare Produkt Umbriens vom Ölbaum, der ebenfalls ein Symbol für den Frieden ist. Das Licht ist ohnehin ein großes, starkes Symbol für Leben, für die Anwesenheit Gottes, für die Wahrheit, für die Erkenntnis und auch ein Symbol, das über die Grenzen von Religionen verstanden wird. Die Lampe wird immer wieder mal verliehen an besondere Persönlichkeiten, die sich für den Frieden einsetzen, die hier nach Assisi kommen und in Franziskus das sehen, was sechs Millionen Pilger hier jedes Jahr sehen, eine Sehnsuchtsgestalt, die Frieden und Gerechtigkeit verkörpert.
DOMRADIO.DE: Warum erhält Bundeskanzlerin Merkel die Lampe des Friedens und wer hat das entschieden?
Freidel: Es war die Entscheidung der Verantwortlichen in unserem Kloster, unserer Oberen und des Mitarbeiters, der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, weil man ein Zeichen setzen will. Das gilt auch für Bundeskanzlerin Merkel. Hier in Italien sehen viele in ihr eine wichtige Gestalterin Europas. Für uns steht der Gedanke des Vereinten Europas im Mittelpunkt, mit allen Problemen, die es gibt, aber eben auch mit der Zukunft, die uns bevorsteht, dass wir uns zusammenschließen in den Staaten Europas. Und da ist Angela Merkel eine wichtige Repräsentantin. Diese Lampe ist sowohl ein Zeichen der Anerkennung, als auch ein Zeichen der Erinnerung und der – man könnte fast sagen – der Ermahnung. Wir kennen vom Heiligen Franziskus ein kleines Schriftstück, er hat einen Brief verfasst an die Lenker der Völker, wo er die Regierenden auffordert, die Menschen zum Lob Gottes zu ermutigen und sie an die Gebote Gottes zu erinnern. Diese Lampe ist auch Erinnerung, an das was uns trägt und hält hier in Europa. An das Fundament unserer christlichen abendlichen Tradition, unseres Glaubens. All das soll damit verbunden sein.
DOMRADIO.DE: Angela Merkel wird persönlich anreisen für die Übergabe. Was wird genau passieren?
Freidel: Zuerst gibt es einen Festakt in unserer Basilika mit einem kleinen Konzert unseres Chors. Wir haben hier eine große Musiktradition und einen sehr guten Chor. Er wird auch die „Ode an die Freude“ von Beethoven, die Europa-Hymne, singen. Dabei sein werden vor allem geladene Gäste, Vertreter der italienischen Regierung, des öffentlichen Lebens, verschiedener Vereinigungen, aber auch Bürger und Vertreter aus der Stadt Assisi. Dort wird die Überreichung dieser Lampe stattfinden. Vorher gibt es einen kurzen Moment des Gebets in der Krypta der Basilika, am Grab des Heiligen Franziskus, wo auch immer eine solche Lampe brennt. Das ist der erste Teil, die Feier in der Basilika, dann im Anschluss gibt es eine Begegnung mit 200 Jugendlichen, Schülern aus dem ganzen Land und Novizen. Wir haben hier auch das Noviziat im Haus, 19 junge Männer aus verschiedenen Ländern Europas, unter anderem dieses Jahr auch ein Deutscher. Sie alle machen hier das Einführungsjahr ins Ordensleben. Sie werden auch mit dabei sein und es ist vorgesehen, dass an die Bundeskanzlerin mehrere Fragen gestellt werden können, die sie dann beantwortet. Außerdem wird der frühere Empfänger dieser Lampe, der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos, hier sein. Man wird die Gelegenheit nutzen für eine bilaterale Begegnung zwischen der Kanzlerin und dem kolumbianischen Präsidenten, was dann auch hier stattfinden wird.
DOMRADIO.DE: Werden Sie persönlich Gelegenheit haben mit Angela Merkel zu sprechen?
Freidel: Ja, ich werde das tun, was ich hier für jeden Besucher und Pilger tue, ich werde hier eine kleine Führung durch die Basilika geben, sie an ein paar wichtige Plätze führen. Leider ist nicht allzu viel Zeit. Man kann eigentlich sagen, ein normaler Pilger bekommt mehr zu sehen als die Kanzlerin an dem Tag. Aber es bleibt zumindest so viel Zeit, dass ich ihr ein paar wichtige Aspekte in der Basilika zeigen kann. Das was wir hier immer tun, mittelalterliche Fresken zeigen, die franziskanische Botschaft und Spiritualität vermitteln, dafür bleibt ein Moment Zeit.
Das Interview führte Dagmar Peters.