Die Schockwellen nach dem Mord an Martin Luther King erreichten vor 50 Jahren auch die katholische Kirche in den USA. Der schwarze Priester Herman Porter trommelte in dem von Rassenunruhen schwer erschütterten Detroit eine kleine Schar von Geistlichen in der römisch-katholischen US-Kirche zusammen. Die 58 dunkelhäutigen Priester berieten am 16. April 1968, wie sie sich zu den Ereignissen der vergangenen Tage verhalten wollten.
Das war die Geburtsstunde des "Black Catholic Clergy Caucus". Unter Führung des Ordensmanns Porter formulierten die Kleriker des neuen Ausschusses eine Erklärung, die harsche Kritik an der eigenen Institution übte. Die katholische US-Kirche sei "in erster Linie eine weiße rassistische Institution". Wenn diese sich nicht von ihrem Rassismus löse, so die Priester, werde sie für Schwarze "unannehmbar werden."
US-Bischofskonferenz unter Druck
Schwarze Ordensschwestern gründeten ein Jahr später die "National Black Sisters' Conference", gefolgt von der Laienorganisation "National Convention of Black Lay Catholics". Seitdem stand die katholische US-Bischofskonferenz massiv unter Druck, in den Spiegel zu schauen.
Während der lautstarke Widerspruch neu war, geht die Geschichte der Schwarzen in der katholischen Kirche der USA weit zurück. Unter den ersten Sklaven, die in die Kolonien verbracht wurden, fanden sich kongolesische Katholiken.
Widerstand weißer Katholiken
In der Folge des Bürgerkriegs (1861-1865) wanderten befreite Schwarze in großer Zahl aus dem ländlichen Süden in die Industriestädte des Nordens. Viele zog es nach Chicago und Detroit, wo sie Arbeit und Unterkunft fanden. Hier stießen sie zunächst auf Widerstand weißer Katholiken, die selber um Anerkennung in den protestantisch geprägten USA rangen. Iren, Polen und Italiener sahen in dem Zuzug der Schwarzen unerwünschte Konkurrenten.
Auf der anderen Seite bemühten sich Priester und Ordensleute, die Kinder der Schwarzen in die katholischen Schulen zu holen. Mit großem Erfolg. Zehntausende kamen auf diesem Weg mit dem Glauben und seinen Ritualen in Berührung; mit ihrem Eintritt veränderten sie die US-Kirche für immer. Eine besondere Bedeutung kommt vor diesem Hintergrund der bevorstehenden Seligsprechung der ehemaligen schwarzen Sklavin Julia Greeley (1833/48-1918) zu, die als Kinderfrau in Denver wirkte.
Rückenwind: Zweites Vatikanisches Konzil
Die zweite Zäsur fällt mit der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre zusammen. Rückenwind gab es auch durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), das seinen Teil zur Emanzipation beitrug. Die schwarzen US-Katholiken waren vieles auf einmal: politisch durch die Black Panther-Bewegung beeinflusst, durch Pastor Jesse Jackson an wirtschaftlicher Gerechtigkeit interessiert und nicht zuletzt geprägt von Martin Luther Kings Bürgerrechtsorganisation Southern Christian Leadership Conference.
Auch die Liturgie geriet in Bewegung. In den 1970er Jahren blühte im schwarzen Gottesdienst die Experimentierkunst. Trommeln, Gospel und Jazzmusik hielten Einzug in den katholischen Kirchen. Eine junge Generation schwarzer Intellektueller stellte die Frage, ob der "weiße Weg" der einzig richtige sei, katholisch zu sein.
Erwartungen an das neue Pastoralschreiben
Der schwarze Bischof Edward Braxton aus der Diozöse Belleville im Bundesstaat Illinois erinnert daran, dass es bis 1979 dauerte, ehe die US-Bischöfe sich in dem Pastoralschreiben "Brothers and Sisters to Us" mit der "Sünde des Rassismus" befassten. Dem folgte 1984 eine Schrift zehn schwarzer US-Bischöfe. "Leider ist keine davon jemals vorgelesen, diskutiert oder im Gebet bedacht worden", sagt Bischof Braxton.
Um so größer sind die Erwartungen an das neue Pastoralschreiben, das die US-Bischofskonferenz in diesem November beschließen will. Der in der Konferenz zuständige Bischof Sheldon J. Fabre verspricht ein Dokument, das unter anderem darüber spricht, "wie Rassismus Institutionen und die Politik beeinflusst". Diesmal wollten die Kirchenführer sicherstellen, so Bischof Farbe, "dass die Leute das Pastoralschreiben auch lesen".