Der Linzer Moraltheologe Michael Rosenberger hält den Vorstoß der niederösterreichischen Landesregierung zur Regulierung des Schächtens für eine "Diskriminierung bestimmter Religionen". Mit Tierschutz habe das nichts mehr zu tun, sagte Rosenberger im Interview der Presseagentur Kathpress. Denn Schächten pauschal als "Tierquälerei" zu bezeichnen, sei "völlig verfehlt".
Schächten sei historisch gesehen vielmehr ein Ritual, "das aktiv zum Tierschutz mahnt", so der Wissenschaftler. Die fast 2.000 Jahre alten Schächtvorschriften sähen eine "möglichst stress- und schmerzfreie" Tötung durch einen Schlachter vor, "der sein Handwerk bestens versteht". Von seiner Wurzel her sei Schächten insofern "sehr tierfreundlich".
Warnung vor Einführung eines "Juden-Registers"
Für bedenklich hält Rosenberger die Idee einer rationierten Zuteilung von koscherem oder Halal-Fleisch an Personen, die einen entsprechenden religiösen Bedarf nachweisen können. Einen solchen Vorschlag gab es zuletzt aus den Reihen der niederösterreichischen Landesregierung. Der Theologe plädierte dafür, lieber das Gespräch zu suchen, anstatt mit der "juristischen Keule auf bestimmte Religionen einzuschlagen".
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, warnte Österreichs Politiker vor der Einführung eines Juden-Registers für den Kauf von koscherem Fleisch. "Dass Juden sich in Niederösterreich künftig registrieren lassen müssen, um koscheres Fleisch kaufen zu können, ist ungeheuerlich und abscheulich", sagte Knobloch der "Bild"-Zeitung (Freitag).
Knobloch: Geschichtsvergessenheit
Es gebe für die Einführung derartiger Register "keine wie auch immer geartete Rechtfertigung", so Knobloch: "Ein solches Ausmaß an Geschichtsvergessenheit schockiert mich. Ich hoffe, dass alle demokratischen Parteien in Österreich diesem Spuk so schnell wie möglich ein Ende machen."
Auch die Direktorin des American Jewish Committee (AJC), Deidre Berger, erklärte in der Zeitung: "Der Vorschlag, Juden zu listen, erinnert an das düsterste Kapitel der deutschen und österreichischen Geschichte." Dass die namentliche Auflistung jüdischer Konsumenten dem Tierschutz dienen solle, sei lediglich "ein Scheinargument".
Das Schächten ist eine in Islam und Judentum vorgeschriebene rituelle Schlachtmethode, die den Verzehr von unblutigem Fleisch ermöglicht. Dabei werden den Tieren die Halsschlagadern sowie die Luft- und Speiseröhre mit einem Schnitt durchtrennt. Auf eine Betäubung wird verzichtet, so dass das Tier wegen des noch aktiven Kreislaufs vollständig ausbluten kann. Der Genuss von Blut ist in beiden Religionen verboten. In Deutschland ist das Schächten mit Blick auf die Religionsfreiheit unter Auflagen erlaubt.