Kardinal Sako legt Zehn-Punkte-Programm für den Irak vor

"Im Westen entwickelte Konzepte sind gescheitert"

Mit Sorge beobachtet der irakische Kardinal Sako neuer, auf ethnisch-religiöser Basis organisierter bewaffneter Gruppen in seinem Land. Es brauche eine "starke Koalitionsregierung", fordert er.

Luis Raphael I. Sako, chaldäischer Patriarch von Babylon / © Lukas Barth (KNA)
Luis Raphael I. Sako, chaldäischer Patriarch von Babylon / © Lukas Barth ( KNA )

Auch nach dem vorläufigen Abklingen der Kampfhandlungen im Krieg gegen den IS und der mit dem Sieg über die Dschihadisten-Miliz einhergehenden Stärkung des Zentralstaates bleibt der Irak politisch, konfessionell und territorial tief gespalten.

Der irakische Kardinal Louis Raphael Sako fordert eine "starke Koalitionsregierung" für sein Land. Eine solche Regierung müsse rasch die Ausbreitung neuer, auf ethnisch-religiöser Basis organisierter bewaffneter Gruppen stoppen, die in weiten Gebieten des Landes die Oberhand behalten wollten, heißt es laut der Wiener Stiftung Pro Oriente am Mittwoch in einem Appell des chaldäischen Patriarchen an irakische Politiker. Das Gewaltmonopol von Armee und Polizei müsse garantiert bleiben.

Der Kardinal bedauert den politisch-institutionellen Stillstand, in dem sich der Irak seit den Wahlen vom 12. Mai befindet. Die Unzufriedenheit des Volkes, bedingt auch durch die Wirtschaftskrise sowie Wasser- und Elektrizitätseinsparungen wegen der großen Hitze, zeigte sich zuletzt in Protestaktionen und Angriffen auf Parteibüros und Machtzentren.

An alle diplomatischen Vertretungen in Bagdad übermittelt

Der Patriarch sieht die im Westen entwickelten Konzepte gescheitert. Sie waren von einer US-geführten Invasion gegen das Regime von Saddam Hussein als ein Instrument des "Demokratie-Exports" in den Irak angesehen worden. Seit 2003 hätten in Bagdad Regierungen einander abgelöst, "denen es nicht gelungen ist, den Aufbau des Landes angemessen zu unterstützen" und einen "globalen Plan zu entwickeln, mit dem die permanente Krisensituation überwunden werden kann", so Sako.

In seinem Zehn-Punkte-Appell, der auch an alle diplomatischen Vertretungen in Bagdad übermittelt wurde, erwähnt der Patriarch Konflikte, Gewalt und Terrorismus, aber auch einen "Mangel an Dienstleistungen, Arbeitslosigkeit", eine "Plage der Korruption" sowie eine "prekäre Wirtschaftslage".

In sein Zehn-Punkte-Programm schließt der Kardinal auch die Verfassungsreform ein. Die irakische Verfassung müsse eine gleichberechtigte Bürgerschaft für alle in den Mittelpunkt stellen. Das Prinzip der Legalität müsse Vorrang vor allen Aspekten der Religionszugehörigkeit haben. Sako rät dazu, die Zahl der Abgeordneten zu verringern und angemessene Ausbildungsprogramme für sie obligatorisch zu machen.


Quelle:
KNA