Die Anna-Pforte ist das wohl bekannteste Tor in den Vatikan. Die Schweizergardisten lassen aber längst nicht jeden hinein. Mit etwas Glück lässt sich immerhin bei einer Führung ein Blick hinter die Mauern und ins Quartier der derzeit 110 Mann starken Schutztruppe des Papstes werfen. Dazu ist eine vorherige Anfrage nötig.
Bei der jüngsten Ministrantenwallfahrt nach Rom etwa bildeten rund 70 Deutsch-Schweizer einen Pulk am Eingang, der seinen Namen der Anna-Kapelle direkt nebenan verdankt. Von hier geht es zur Vatikan-Apotheke, zum vatikanischen Fotodienst des "Osservatore Romano" oder dem päpstlichen Almosenamt. Jenseits des Vatikan bedecken sommerlich gekleidete Besucherinnen Schultern und Knie. Beim Besuch des Kirchenstaates gelten Bekleidungsregeln wie zum Betreten einer Kirche.
Besuch in der Waffenkammer
"Es gaht los!", schallt es auf Schweitzerdeutsch. Die Gruppe passiert die Wachposten am Eingang, biegt links ab in die Wachstube zum Innenhof des Gardequartiers. Dort warten die Schweizergardisten Manuel von Däniken, Thomas Marti und Roland Bircher. Jeder übernimmt etwa 20 Besucher und einen Teil der Führung, bestehend aus Werbefilm, Besuch von Waffenkammer und Kapelle.
Zuerst geht's in die "Armeria", die Waffenkammer. Der kleine Raum birgt nicht nur jede Menge Waffen - wie Marti versichert ausrangierte -, sondern auch alte Uniformen. Die klassische Montur der Gardisten wurde nach historischen Vorlagen entworfen: Kommandant Jules Repond rekonstruierte die Renaissance-Uniform 1915 anhand von Gemälden in den Vatikanischen Museen und im Petersdom.
Er wählte die Farbkombination in Erinnerung an den Gründerpapst der Garde, Julius II. (1503-1513), und an jenen Papst, der 1527 von der Garde gerettet wurde: Clemens VII. (1523-1534). Julius II. schuf die Päpstliche Schweizergarde im Jahr 1506. Er gehörte zur Familie Della Rovere, deren Farben Gelb und Blau waren. Das Rot erinnert hingegen an die Familie Medici, aus der Clemens VII. stammte. An einer Wand reihen sich an Ritterzeiten erinnernde Rüstungen; diese tragen die Gardisten zur Vereidigung.
Zum Schutz des Papstes
Dabei schwören sie, "treu, redlich, und ehrenhaft zu dienen" und für den Schutz des Papstes, "wenn es erheischt sein sollte", selbst ihr Leben zu opfern. Dass dies gefordert werden kann, daran erinnert das Datum der Vereidigung am 6. Mai: An jenem Tag im Jahr 1527 starben während der Plünderung Roms durch Landsknechte Kaiser Karls V. 147 Schweizergardisten bei der Verteidigung von Papst Clemens.
In jüngerer Zeit gab es hingegen kaum "wirklich kritische" Vorfälle, sagt Gardist Bircher aus dem Kanton Luzern bei der Fragerunde im Innenhof des Gardequartiers. Seit einem Zwischenfall um Papst Benedikt XVI. (2005-2013) im Jahr 2010, als während der Christmette eine Frau eine Absperrung übersprang, seien keine ähnlichen Ereignisse bekannt.
Ob man bei zwei Stunden Dienst in der Sonne ohne zu trinken nicht umkippt, will jemand wissen. Bircher beruhigt: Zuvor genug zu essen und zu trinken helfe. Natürlich schwitze man, aber ansonsten gehe die Zeit um, "ohne dass man es merkt". Die lange Uniform schütze auch vor der Sonne. Spielt dann doch der Kreislauf mal nicht mit, sei das auch kein Problem - falls nötig gehe man zum Arzt.
Kondition und Spiritualität
Für Gardisten zählt nicht nur körperliche Kondition, sondern auch Spiritualität. Gottesdienstbesuch am Wochenende ist Pflicht. Damit trotz verschiedener Schichten jeder Zeit hat, werden vier Messen in der kleinen Kapelle beim Gardequartier gefeiert.
Am Ende des Besuchs ist das Interesse bei vielen geweckt. Die 14-jährige Sonja Essig findet es sehr schade, dass Frauen nicht in der Garde dienen können. Dazu sagt Gardist Bircher, bis Frauen bei der Schweizergarde zugelassen würden, könne es "vielleicht noch eine längere Zeit dauern". Dies müsse auch vom Vatikan entschieden werden.
Die Garde sei eine Männertradition und der "Vatikan eine Männerdomäne", sagt er; aber auch: "Es ist nichts ausgeschlossen. Es wird sich zeigen, was die Zukunft bringt."