Lob und Enttäuschung nach Papstbrief

Wiedergutmachung gefordert

Während die Päpstliche Kinderschutzkommission den jüngsten Brief des Papstes zum Thema Missbrauch begrüßt, zeigen sich irische Missbrauchsopfer enttäuscht. Man vermisse einen "klaren Aufruf zum Handeln".

In sich versunken: Papst Franziskus / © Paul Haring (KNA)
In sich versunken: Papst Franziskus / © Paul Haring ( KNA )

Die Päpstliche Kinderschutzkommission hat den jüngsten Brief des Papstes zum Thema Missbrauch gewürdigt. Die Kommission fühle sich in ihrer Arbeit bestärkt, wenn der Papst dazu aufrufe, eine Politik von "Null Toleranz durchzusetzen und all jene zur Verantwortung zu ziehen, die solche Verbrechen begehen oder decken", heißt es in einer Erklärung am Dienstag auf der Website der Kommission.

Missbrauchsopfer: Es brauch eine klare Leitlinie und Verpflichtung

Irische Missbrauchsopfer zeigten sich dagegen enttäuscht. Man habe genug von "bedeutungslosen Entschuldigungen und Solidaritätsbekundungen", wird die Vorsitzende des Selbsthilfevereins One in Four, Maeve Lewis, in irischen Medien zitiert. Man vermisse einen "klaren Aufruf zum Handeln".

Der bevorstehende Papstbesuch beim Weltfamilientreffen in Dublin, wecke bei vielen dort lebenden Missbrauchsopfern "alte Gefühle von Scham, Erniedrigung, Verzweiflung und Wut", so Lewis. Eine klare Leitlinie und Verpflichtung, wie die Kirche mit historischen Fällen von sexuellem Missbrauch in ihren Institutionen umgeht, wäre "das Mindeste, was sie verdienen", fordert Lewis.

Der Gründer der Gruppe One in Four, Colm O'Gorman, räumte ein, dass Papst Franziskus mit "stärkeren Worten als je zuvor" sexuellen Missbrauch verurteilt habe. Er müsse sich aber weiter vorwerfen lassen, dass er immer noch nicht jene nenne, die für Vertuschung sexueller Missbrauchsskandale verantwortlich seien.

Papstbrief: Sexueller Missbrauch und Machtmissbrauch hängen zusammen

Myriam Wijlens, Professorin für Kirchenrecht in Erfurt und Mitglied der päpstlichen Kommission, benannte besonders drei Punkte des Papstbriefs als wichtig: erstens den Zusammenhang zwischen sexuellem Missbrauch und dem Missbrauch von Macht und Gewissen. Damit spreche der Papst etwas aus, "das viele nicht in einem Zusammenhang sehen wollen".

Zweitens reiche es nicht aus, um Vergebung zu bitten und Wiedergutmachung anzubieten. Damit schaue man nur in die Vergangenheit. Um zu agieren und vorauszuschauen, verlange es einen radikalen Kulturwandel in der Kirche. Dazu sei der Klerus allein aber nicht in der Lage, so Wijlens. Daher betone der Papst, dass die Geistlichen in Demut um die Hilfe der ganzen Kirche bitten und diese dann auch annehmen müssten.

Schließlich betont Wijlens die Unterscheidung des Papstes von zwei Ebenen von Machtmissbrauch: jene, die ihre Position ausnutzen, um Minderjährige und schutzbedürftige Erwachsene sexuell zu missbrauchen, sowie jene, die ihre Macht missbrauchen, solche Fälle zu vertuschen.

Missbrauchsskandale haben Irland tief erschüttert

Papst Franziskus wird am Samstag zu einem rund 36-stündigen Besuch in Irland erwartet. Dort findet ab Dienstagabend das neunte katholische Weltfamilientreffen statt. Schon im Vorfeld waren Forderungen laut geworden, dass sich Papst Franziskus mit Opfern von sexuellem Missbrauch in kirchlichen Institutionen treffen solle. In den vergangenen Jahrzehnten haben weitreichende Missbrauchsskandale das streng katholische Land tief erschüttert und die Glaubwürdigkeit der Kirche stark geschädigt.


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema