Das Verhältnis zwischen christlicher und muslimischer Welt spielte sich über Jahrhunderte vorwiegend auf dem Schlachtfeld und im Handelskontor ab. Wissenschaftlichen und kulturellen Austausch gab es quasi als Nebenprodukt - undenkbar erschien jedoch ein religiöser Dialog. Dafür war der jeweils eigene Wahrheitsanspruch zu zementiert und die Verachtung für den "Irrglauben" des anderen zu groß. In der katholischen Kirche sorgte erst das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) für eine Öffnung gegenüber Nichtchristen. Das führte in Deutschland zur Gründung der "Christlich-Islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle" (CIBEDO), deren 40-jähriges Bestehen am Freitag in Berlin gefeiert wird.
"Mit Klugheit und Liebe" lautet das arabische Motto auf dem CIBEDO-Logo. Ein Zitat aus der Konzilserklärung Nostra aetate von 1965. Dort heißt es: "Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime, die den alleinigen Gott anbeten". Angesichts der oft von Krieg und Hass gezeichneten Geschichte rief das Dokument dazu auf, "das Vergangene beiseite zu lassen, sich aufrichtig zu bemühen und gemeinsam einzutreten für Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen".
Praktische Gründe der Gründung
Als der Missionsorden der Weißen Väter dann am 1. Oktober 1978 in Köln CIBEDO gründete, hatte das auch ganz praktische Gründe: Damals lebten bereits über eine Million Muslime in Deutschland. Das Interesse der Kirche am Islam wuchs stetig. 1998 übernahm die Deutsche Bischofskonferenz CIBEDO als zentrale Arbeitsstelle für das Gespräch mit dem Islam. Zu ihren Aufgaben gehören die Ausrichtung von Dialogtreffen mit muslimischen Theologen, Hilfestellungen für Pädagogen und Lehrveranstaltungen. Eine umfangreiche Bibliothek am heutigen Standort Frankfurt dokumentiert die Entwicklung des muslimischen Lebens in Europa.
Doch wie gelingt der Dialog zwischen zwei Weltreligionen, die sich beide als letztgültige Wahrheit begreifen und in zentralen Glaubensüberzeugungen kollidieren? So erkennt der Islam Jesus zwar als Propheten an, seine Verehrung als Sohn Gottes verurteilt er aber als schwere Sünde gegen die Einzigkeit Allahs. Obendrein steckt der Koran voller abwertender Verse gegen die "Ungläubigen", die sich die Muslime "nicht zu Freunden" nehmen sollen. Auch in der katholischen Theologie hat sich über die Jahrhunderte ein Berg an verächtlichen Urteilen angehäuft, nach denen der Islam eine gewalttätige Häresie ist, erfunden von einem moralisch verwerflichen Pseudopropheten.
Die Suche nach dem größtmöglichen Wertekonsens
CIBEDO-Leiter Timo Güzelmansur sieht den interreligiösen Dialog dennoch auf einem guten Weg. Für ihn bildet der gemeinsame Glaube an den einen Gott, den Schöpfer der Erde und der Menschheit, den theologischen Ansatzpunkt für ein fruchtbares Gespräch. "Das hat auch eine große gesellschaftliche Relevanz, da dieser gemeinsame Glaube die Verantwortung für das Zusammenleben in einer religiös und kulturell pluralen Gesellschaft, für die Umwelt und den Einsatz für mehr Frieden und Gerechtigkeit auf der Welt fördert." Mit anderen Worten: Christlich-islamischer Dialog ist so etwas wie die Suche nach dem größtmöglichen Wertekonsens unter Ausklammerung theologischer Gegensätze und bösartiger Überlieferungen in den religiösen Quellen. Dort wo es langjährige Kontakte zwischen Christen und Muslimen gebe, überwinde dieser Dialog viele Schwierigkeiten, sagt Güzelmansur.
Positiv bewertet er den Aufbau islamisch-theologischer Zentren an deutschen Universitäten. Unter den dortigen Studierenden und Lehrenden werde der Austausch mit CIBEDO sehr begrüßt. "Es ist allerdings schwer, eine solche Ebene zu finden, wenn zum Beispiel Imame aus dem Ausland nur für eine bestimmte Zeit nach Deutschland kommen und weder die Kultur kennen noch die Sprache beherrschen." Auch die enge Verquickung von Religion und Politik in den islamischen Ländern sieht er als Problem.
Umgekehrt ist die Kirche in der Bundesrepublik inzwischen ein wichtiger Partner des Staates für das Gespräch mit dem Islam. Das zeigt sich auch am Freitag beim Festakt in der Katholischen Akademie in Berlin. Dort spricht unter anderen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.