Die schleichende Veränderung des "Zwarten Piet"

Niederländischer Nikolausgehilfe mit Ruß und ohne Ohrring

Seit Jahren diskutieren die Niederländer, wie der Nikolausgehilfe "Zwarte Piet" zu schminken sei, um nicht Anstoß zu erregen. An diesem Samstag findet der nationale Einzug in Zaandijk statt - Demonstrationen wohl inklusive.

Autor/in:
Franziska Broich
"Sinterklaas" mit seinem Helfer "Zwarter Piet" / © Patrick Post (KNA)
"Sinterklaas" mit seinem Helfer "Zwarter Piet" / © Patrick Post ( KNA )

Mit seinem Stab steht der Sinterklaas vorn auf dem Boot und winkt den Kindern zu, während er durch die niederländischen Grachten schippert. Um ihn herum tanzen, singen und scherzen Hunderte "Zwarte Pieten". Die Frage, ob und wie sie geschminkt werden, erregte in den vergangenen Jahren immer wieder die Gemüter. Kritiker halten das Bild des "Zwarten Piet", der traditionell als Schwarzafrikaner dargestellt wird, für rassistisch.

Der wichtigste Tag der Vorweihnachtszeit

Für die Niederländer ist der Einzug des Nikolaus der wichtigste Tag der Vorweihnachtszeit. Jedes Kind kennt ihn und seinen Gehilfen. Von Anfang November bis Anfang Dezember wird jeden Abend ein "Sinterklaasjournaal" im öffentlich-rechtlichen Sender NTR ausgestrahlt. Höhepunkt des Nikolausfests ist der "Pakjesavond" (Geschenkabend) am 5. Dezember.

An diesem Samstag findet der nationale Nikolauseinzug in Zaandijk nördlich von Amsterdam statt. Als der TV-Sender NTR, der den Umzug überträgt, im Oktober bekanntgab, dass die meisten Gesichter der Pieten nur mit etwas Ruß geschwärzt werden sollen, ging ein Aufruhr durch die Medien. Es wurde befürchtet, dass es keine wirklich schwarzen Pieten mehr geben werde. Fast umgehend widersprach dem ein NTR-Sprecher.

Traditionell war das Gesicht des "Zwarten Pieten" immer schwarz. Doch Kritiker bemängeln, der Brauch erinnere an die Sklavenausbeutung in den Karibik-Kolonien. Die Niederlande sind ein Einwanderungsland für Surinamer, Malaien und Marokkaner. 2015 forderte gar ein UN-Gremium, den "Zwarten Piet" ganz abzuschaffen - der Weckruf für eine nationale Debatte.

Entwicklung schreitet voran

2016 entschieden sich die Verantwortlichen des "Sinterklaasjournal", die Gesichter der "Pieten" bunt anzumalen. Doch das kam auch nicht an. 2017 wurden die Pieten deshalb in 50 Grautönen geschminkt. Die Entwicklung geht 2018 weiter. Nun sollen sie nicht mehr nur krauses Haar, sondern auch langes, kurzes oder glattes Haar haben. Zudem sollen sie keine goldenen Ohrringe mehr tragen; die Lippen werden nicht mehr rot angemalt.

"Die Pieten haben Ruß im Gesicht, weil sie durch den Schornstein gekommen sind", erklärt NTR. Einige hätten mehr, andere weniger rußverschmierte Gesichter. "Wir sind uns der Rolle der Sinterklaas-Nachrichten in der Tradition des Nikolausfests in den Niederlanden bewusst", hieß es. Als öffentlich-rechtlicher Sender sehe man sich verpflichtet, gesellschaftliche Entwicklungen im Programm zu reflektieren. Wer das Nikolaus-Journal Jahr für Jahr verfolge, könne erkennen, dass der Sender eine "allmähliche Veränderung" befürworte. NTR betont aber, dass man sich nicht "aktiv" an der Diskussion über die Hautfarbe des "Zwarten Piet" beteilige.

Aus Sicht der Verfechter der Tradition hat sich der Helfer des heiligen Nikolaus bewährt, um den "guten Kindern" Geschenke zu bringen und den bösen mit der Rute zu drohen. In den Niederlanden sind für November wieder landesweit Hunderte Nikolauszüge geplant.

Jede Stadt geht unterdessen anders mit dem Thema um. In Nijmegen wird der "Zwarte Piet" auch in diesem Jahr wieder schwarz im Gesicht. Im vergangenen Jahr in Dokkum wurden sogar einige Demonstranten festgenommen; es folgten Gerichtsprozesse.

Demonstrationen angekündigt

Auch für Samstag sind bereits vier Demonstrationen angekündigt. In zweien sprechen sich die Organisatoren gegen den Zwarten Piet, in zweien für ihn aus.

Die Kinder am Straßenrand, die darauf warten, dass der Nikolaus mit seinem Pferd vorbeizieht, beschäftigen solche Debatten nicht. Manche sind als "Piet" mit einer bunten Mütze mit Feder verkleidet, andere als Nikolaus mit rotem Mantel. Fröhlich singen sie das Lied vom "Sinterklaas". In ihren Händen haben sie kleine Stofftaschen, in denen sie Pfeffernüsse und Mandarinen von den "Pieten" sammeln.

Als der Sinterklaas 2016 durch Amsterdam zog, begrüßte ihn auch Robert Rugenbrecht freudig. Der 44-Jährige ist dunkelhäutig. Die Farbdiskussion sieht er mit gemischten Gefühlen. Einerseits kann er nachvollziehen, dass sich Schwarze diskriminiert fühlen. Andererseits ist er selbst mit der Piet-Tradition aufgewachsen - und mag sie. Einige reagierten da wohl etwas "übersensibel", meint er.


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema