Der langjährige Vorsitzende der niedersächsischen Ditib-Gemeinden, Yilmaz Kilic, ist am Sonntag von seinem Amt zurückgetreten. "Wegen der wachsenden Einmischung habe ich jetzt die Reißleine ziehen müssen", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Montag). Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bedauerte den Rücktritt und bezeichnete ihn als "echten Rückschlag für die bisherigen Bemühungen".
Er habe sich immer wieder gegen die Einmischung sowohl der Ditib-Zentrale in Köln als auch vom türkischen Religionsattache wehren müssen, betonte Kilic: "Wir haben als niedersächsischer Landesverband immer einen eigenständigen Weg gehen wollen, doch hier leider keine Unterstützung aus Köln bekommen." Kilic ist nach eigenen Worten mit seinem gesamten Vorstand zurückgetreten.
Größere Eigenständigkeit
Der deutsch-türkische Moscheeverband Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) ist der größte islamische Verband in der Bundesrepublik. Er vertritt nach eigenen Angaben mehr als 960 formell selbstständige Mitgliedsvereine, deren religiöse, soziale und kulturelle Tätigkeiten er koordinieren will.
Ministerpräsident Weil erklärte Im Gespräch mit der Zeitung: "Herr Kilic war für uns ein enger, seriöser Gesprächspartner, und ich habe großen Respekt vor seinem Engagement." Es sei zu befürchten, dass der niedersächsische Landesverband auf Linie gebracht worden sei: "Die weitere Zusammenarbeit wird nun zu überprüfen sein."
Ditib ist auch in Niedersachsen und Bremen der größte Islamverband und vertritt dort mit 85 Gemeinden etwa 160.000 Muslime. Man unterstehe der Aufsicht der türkischen Religionsbehörde, habe sich jedoch seit Jahren als Landesverband um eine größere Eigenständigkeit bemüht, so Kilic.
Verlängerter Arm der türkischen Regierung
Kritiker werfen dem Verband schon lange vor, als verlängerter Arm der türkischen Regierung zu fungieren und durch eine nationalistische Ausrichtung die Integration der Türken in Deutschland zu behindern. Zudem propagiere die Ditibein erzkonservatives Islamverständnis und unterstütze das militärische Vorgehen der Türkei gegen Kurden in Nordsyrien.
Einzelnen Ditib-Gemeinden werden zudem verfassungsfeindliche nationalistisch-religiöse Aktivitäten vorgeworfen. Ditib-Imame waren außerdem beschuldigt worden, türkische Regimegegner in deutschen Moscheen bespitzelt zu haben. Darüber hinaus gab es Vorwürfe, schon Kinder würden durch Comics oder durch das Nachspielen von Kriegsszenen radikalisiert.