Anstieg rechter Gewalt gegen Religionen in den USA

Alltäglicher Hass in Trumps Amerika

Rechte Gewalt gegen ethnische Minderheiten und Religionen in den USA steigt sprunghaft. Dies belegt das FBI mit beunruhigenden Zahlen. Bischöfe, Kriminologen und Menschenrechtler besorgt der Trend schon seit einiger Zeit.

Autor/in:
Thomas Spang
Mahnwache in Pittsburgh nach dem Anschlag auf die Synagoge / © Bronte Wittpenn | Times (dpa)
Mahnwache in Pittsburgh nach dem Anschlag auf die Synagoge / © Bronte Wittpenn | Times ( dpa )

Die Jungens der "High School" von Baraboo stehen wie auf einem Abiturfoto mit Anzug und Krawatte gut gelaunt zusammen. Es könnte eine schöne Erinnerung sein, wäre da nicht die zum "Sieg Heil"-Gruß ausgestreckte Hand der Schüler. Die via Twitter verbreitete Nazi-Pose löste erst in Wisconsin, dann im ganzen Land Empörung aus. Zumal sie folgenlos blieb.

Hassverbrechen gegen Schwarze

Es gebe zu wenig Wissen darüber, "was die Intention in den Herzen der Betroffenen war", schreibt die Leiterin der Schulaufsichtsbehörde Lori Mueller. Der Hitler-Gruß aus Versehen? In den meisten Fällen verhält es sich in den Sozialen Medien der USA anders. Hasserfüllte Provokationen stehen dort inzwischen auf der Tagesordnung.

Gregory Bush drohte nicht nur. Er schritt zur Tat. Der weiße Rassist aus Kentucky erschoss im Oktober in einem Supermarkt zwei schwarze Rentner. Zwei Hassverbrechen gegen Schwarze, die den meisten Medien nicht mehr als eine Meldung wert schienen und national kein größeres Echo auslöste.

Zwei Beispiele einer schockierenden Entwicklung, die das FBI jetzt mit Zahlen unterfüttert. Im dritten Jahr in Folge steigt die Zahl der Straftaten, die ein rassistisches oder religiöses Motiv haben. 7.175 Hassverbrechen sind in den Akten der Strafverfolgungsbehörden für 2017 festgehalten, gegenüber 6.121 im Jahr 2016 - ein Anstieg um 17 Prozent. Justizminister Matthew Whitaker nennt die Hassverbrechen-Statistik einen "Aufruf zum Handeln".

Afroamerikaner im Fokus

Top-Zielscheibe für Rassisten und Rechtsextreme sind oft Afroamerikaner, gegen die 2017 mehr als 2.000 kriminelle Übergriffe registriert wurden. Eine Studie des unabhängigen "Center for the Study of Hate and Extremist" der California State University in San Bernadino zeigt, wie besorgniserregend der Trend in den Metropolen ist, wo Hassverbrechen gegen Minderheiten außergewöhnlich stark ansteigen.

Demnach lag die gemeldete Verbrechensquote allein In New York bei 24 Prozent über dem Vorjahr, in Philadelphia bei 50 Prozent und in der Hauptstadt Washington sogar bei 62 Prozent. Die Zahlen sind vage, da Experten davon ausgehen, dass mehr als die Hälfte rechtsextremistischer Taten von der Polizei nicht als solche erfasst werden.

Im Visier der Rechten sind auch zunehmend Latinos, die im Zusammenhang mit der Flüchtlingsbewegung aus Mittelamerika starken Anfeindungen ausgesetzt sind. Analysten sehen dahinter die Angst weißer Männer vor der Konkurrenz der schnell wachsenden Bevölkerungsgruppe der Hispanics.

Bürger- und Menschenrechtsgruppen halten Präsident Donald Trump vor, mit seiner Rhetorik gegen Latinos und andere Minderheiten Straftäter zu motivieren. Die liberale Organisation "Think Progress" geht davon aus, dass 42 Prozent der rassistischen Übergriffe durch Trumps Äußerungen inspiriert seien.

Experten wie der Kriminologe Gary LaFree sind sich sicher, dass Hass-Täter den Präsidenten als stillschweigenden Unterstützer für ihre Sache wahrnehmen. So machte Trump bei rechten Gewaltausbrüchen, wie etwa dem in Charlottesville 2017 gegen Demonstranten, "beide Seiten" für die Eskalation verantwortlich. Es seien "einige sehr gute Menschen" unter den Anstiftern, hatte sich Trump danach geäußert.

"Rechte Gewalttäter fangen an zu denken, dass es okay ist, Gewalt anzuwenden", sagt LaFree.

Rassismus für Kirche längst ein Thema

Die erschütternde Statistik der Bundespolizei FBI kommt nur einen Monat nach dem schlimmsten Anschlag auf Juden in der US-Geschichte.

In einer Synagoge in Pittsburgh starben elf Juden im Kugelhagel eines Rechtsextremisten. Allein 2017 sei die Zahl der antisemitischen Übergriffe in den USA um 57 Prozent gestiegen, dokumentiert auch die Anti-Defamation League eine Zunahme der Gewalt - vor allem an Schulen und auf dem Uni-Campus.

Für die katholische US-Kirche ist Rassismus und Fremdenfeindlichkeit schon lange ein Thema. Bei ihrer Herbstkonferenz in Baltimore verabschiedete sie kürzlich ihren Hirtenbrief "Weite unsere Herzen". "Trotz vielversprechender Schritte, die in unserem Land gemacht wurden, infiziert der hässliche Krebs des Rassismus immer noch unsere Nation", heißt es in dem Pastoralschreiben.


Quelle:
KNA