Passend zur Christkönigswoche, der letzten Woche im Jahreskreis der Kirche, führen die Domkantorei Köln und die Kölner Domkapelle unter der Leitung von Winfried Krane an diesem Donnerstag das 1741 entstandene Oratorium "Messiah" von Georg Friedrich Händel auf. Damit ist es erstmals nach 20 Jahren wieder im Kölner Dom zu hören.
Nur das "Halleluja" aus diesem Werk, ein Chor, der sich gegen Ende mit Pauken und Trompeten ins Fanfarenartige steigert und wie sonst nur Beethovens Neunte auf der ganzen Welt bekannt ist, wird gelegentlich gespielt: dann ausschließlich zu besonderen Feieranlässen wie Ostern oder Pfingsten. Denn in ihrem Repertoire haben dieses barocke Paradestück, das oft den Höhepunkt einer festlichen Liturgie markiert, natürlich alle vier Chöre am Kölner Dom.
"Messias" im englischen Original
Die Domkantorei Köln singt den "Messias" im englischen Original, allerdings wegen der ursprünglich auf zweieinhalb Stunden Aufführungsdauer angelegten Komposition mit Kürzungen. Das geschieht jedoch nicht willkürlich, denn auch Händel selbst hat das geistliche Vokalwerk immer mal wieder den jeweiligen Gegebenheiten angepasst und dadurch von Fall zu Fall aus der Vielzahl an Rezitativen, Arien und Chören einzelne Passagen herausgeschnitten.
So hält es auch Chorleiter Winfried Krane, der besonnen inhaltliche Schwerpunkte setzt, indem er bei diesem Werk mehr an den christologischen Aussagen aus dem Glaubensbekenntnis festhält und es dafür weniger als eine Art "Weihnachtsoratorium" im Vorfeld des nahenden Advents versteht – was sonst eher gängiger Praxis entspricht.
Denn dem Oratorium, das Händel in nur 24 Tagen für Soli, Chor und Orchester schuf und das 1742 mit großem Erfolg in Dublin uraufgeführt wurde, liegt ein Libretto seines Freundes Charles Jennens zugrunde. Und dieser beginnt in der Tat sein dreiteiliges Werk zunächst mit der Weihnachtsgeschichte, der dann eine Darstellung des Passionsgeschehens und schließlich Inhalte von der Überwindung des Todes und der Erlösung durch die Auferstehung folgen.
Während sonst üblicherweise geistliche Oratorien die Lebensgeschichte eines Heiligen musikalisch nachzeichnen, ist im "Messias" die christliche Glaubenslehre auf Basis der "King James-Bibel" und des "Book of Common Prayer" vertont. So besteht der zusammengestellte Text ausschließlich aus Bibelworten über Jesus Christus: aus prophetischen Aussagen des Alten und wenigen Stellen des Neuen Testaments. Von Jennens wird Jesus Christus, der erwartete Messias, ins Zentrum gestellt; ein von Gott "Gesalbter", der dem Volk wieder Selbständigkeit und Freiheit geben soll.
Um nicht in einen Konflikt mit der Anglikanischen Kirche zu geraten, die damals eine strenge Kontrolle über die Verwendung von liturgischen Texten führte, tut es Händel dem Freund gleich: Er setzt auf die Vermittlung von Zuversicht und den Glauben an eine große von Gott geschenkte Zukunft: "And he shall reign for ever and ever" – und er wird herrschen auf immer und ewig!
Werk erinnert an höfische Zeremonialmusik
Zur Gattung des Oratoriums findet der Komponist erst nach einer regen Operntätigkeit, die er aber für die neue Beschäftigung zu nutzen weiß, indem er für die nun entstehenden Arien teilweise Themen aus früheren Opern verwendet. Auslöser aber für die Beendigung seiner Zeit als Opernkomponist sind eine gesundheitliche Krise und auch ein sich wandelnder Geschmack der britischen Musikwelt.
Die Reaktionen schließlich auf das "New Grand Oratorio, called The Messiah" sind überwältigend. Die Dubliner Zeitungen schreiben gar vom "vollkommensten musikalischen Werk" und von "höchstem Entzücken". Es mag daran liegen, dass der "Messias" in weiten Teilen an höfische Zeremonialmusik erinnert. So könnte das "Hallelujah" – mit anderem Text – beispielsweise durchaus für eine Krönung geschaffen sein.
In London indes, der Heimat des Künstlers, bleibt der Erfolg aus. Viele Gläubige sind empört, weil der "Messias" keine Musik für den Gottesdienst ist, sondern ein "Grand Musical Entertainment", wie Jennens notiert. Solche Bibelworte dürfen nach gängiger Meinung nur in liturgischem Rahmen erklingen. Der Londoner Bischof untersagt sogar, das Werk in einer anglikanischen Kirche aufzuführen. Genugtuung erfährt der Meister dafür allerdings schon wenige Jahre später. Als sich der erste Sturm der Entrüstung gelegt hat, wird das Oratorium zunehmend beliebter. Bis zum Tod von Händel im Jahr 1759 wird es schließlich noch 70 Mal aufgeführt.
Information: Das Konzert am 29. November findet in der Reihe "Geistliche Musik am Dreikönigenschrein" statt und beginnt um 20 Uhr. Die Solisten sind: Ingeborg Schilling, Sopran, Franziska Schacht, Alt, Maximilian Fieth, Tenor, und Thomas Bonni, Bass. Der Eintritt des Domkonzertes ist frei.