Der Begriff klingt originell, aber auch äußerst unbehaglich: "Heißzeit" ist zum Wort des Jahres 2018 gekürt worden. Der Ausdruck umschreibe nicht nur den extremen Sommer, "der gefühlt von April bis November dauerte", sondern beziehe sich auch auf den Klimawandel, teilte die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) am Freitag in Wiesbaden mit.
Mit der lautlichen Analogie zu Eiszeit erhalte der Ausdruck "eine epochale Dimension", die über die bloße Bedeutung "Zeitraum, in dem es heiß ist" hinausgehe. Vielmehr werde eine sich womöglich ändernde Klimaperiode angedeutet.
"Klimakrise nicht länger ignorieren"
Für Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, zeigt die Wahl: "Die Klimakrise ist in der deutschen Öffentlichkeit angekommen." Dürresommer, Ernteausfälle und ausgetrocknete Gewässer hätten den Menschen die fatalen Konsequenzen der Erderhitzung vor Augen geführt. Die Bundesregierung dürfe "die Klimakrise nicht länger ignorieren", forderte Hofreiter.
Weitere Platzierungen: "Funklochrepublik" und "Ankerzentren"
Auf den zweiten Platz wählte die Sprachjury die Formulierung "Funklochrepublik". Der Begriff beschreibe, dass vor allem im ländlichen Raum die Mobilfunkabdeckung vergleichsweise schlecht sei.
Auf Platz drei landete der Begriff "Ankerzentren". Er bezieht sich auf Einrichtungen, in denen Flüchtlinge untergebracht werden, bis sie in Kommunen verteilt oder - nach Ablehnung ihres Asylantrags - in ihr Herkunftsland abgeschoben werden. Die Sprachexperten wiesen darauf hin, dass "Anker" hier nicht für Fixierung oder Sicherung wie beim Anker eines Schiffs stehe, sondern ein Wort sei, das aus Anfangsbuchstaben oder -silben anderer Wörter gebildet wird. "Anker" steht hier für "Ankunft, Entscheidung, Rückführung".
Auf die Plätze vier bis zehn wurden folgende Formulierungen gewählt: "Wir sind mehr", "strafbelobigt", "Pflegeroboter", "Diesel-Fahrverbot", "Handelskrieg", "Brexit-Chaos" und "die Mutter aller Probleme".
Wort des Jahres wurde erstmals 1971 gekürt
Die Mitglieder des Hauptvorstandes und die wissenschaftlichen Mitarbeiter der GfdS suchen nach eigenen Angaben "nicht nach den am häufigsten verwendeten Ausdrücken, sondern wählen solche, die das zu Ende gehende Jahr in besonderer Weise charakterisieren".
Das Wort des Jahres wurde erstmals 1971 und seit 1977 regelmäßig aus mehreren Hundert Vorschlägen ausgewählt. 2017 war "Jamaika-Aus" gekürt worden - als Bezeichnung für die gescheiterten schwarz-gelb-grünen Sondierungsverhandlungen.
Umgang mit Verfassungsschutz-Präsident
Einen Streitfall in der großen Koalition bildete 2018 der Begriff "strafbelobigt" ab, der sich auf den Umgang mit dem ehemaligen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen bezieht. Dieser hatte mit Äußerungen zu ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz viel Kritik auf sich gezogen. Statt ins Bundesinnenministerium "befördert" zu werden, wurde Maaßen schließlich in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
Auf die fremdenfeindlichen Kundgebungen in Chemnitz hatte eine breite Öffentlichkeit mit dem Satz "Wir sind mehr" reagiert. Zunächst war dies nur der Titel eines Konzerts "gegen Rechts", zu dem im September mehr als 65.000 Besucher in die sächsische Stadt kamen.
"Mutter"-Formulierung als sprachliches Muster
Und schließlich: "die Mutter aller Probleme". So nannte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Migration. Hier wies die Gesellschaft für deutsche Sprache auf ein sprachliches Muster hin: die "Mutter aller Schlachten" nannte der einstige irakische Diktator Saddam Hussein 1990 den 2. Golfkrieg, die "Mutter aller Bomben" warfen die USA 2017 über Afghanistan ab.
Die Sprachexperten merkten an, dass in der Diskussion über die Äußerung des Innenministers schließlich "vielerlei" als Mutter aller Probleme bezeichnet wurde: "von der CSU bis zu Horst Seehofers Mutter".