Warum die Vatikansprecher plötzlich zurücktreten

Eine wohlüberlegte Überraschung?

Die beiden bisherigen Vatikansprecher Greg Burke und seine Stellvertreterin Paloma García Ovejero haben an Silvester überraschend das Handtuch geworfen. Die Gründe bleiben schwammig, scheinen aber eher unter der Oberfläche zu liegen.

Papst Franziskus und Greg Burke (r) während eines Fluges / © Paul Haring (KNA)
Papst Franziskus und Greg Burke (r) während eines Fluges / © Paul Haring ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie kam es denn jetzt zu diesen Rücktritten?

Burkhard Jürgens (Vatikan-Korrespondent der Katholischen Nachrichten-Agentur): Die Rücktritte kamen völlig überraschend, das war eigentlich der Silvester-Kracher: Niemand hat damit gerechnet, auch die Kolleginnen und Kollegen, die gewöhnlich sehr gut unterrichtet sind, waren am Silvestertag völlig überrascht, als da einfach mit dem Mittagsbulletin, der täglichen Mitteilung aus dem vatikanischen Pressesaal, die Nachricht kam, dass Greg Burke und Paloma Garcia das Handtuch geworfen haben.

Wie kam es dazu? Nach den Äußerungen, die Greg Burke anschließend auf Twitter abgegeben hat, scheint es so, dass beide schon über Monate damit gerungen hatten. Es scheint also nicht so wirklich aus der Hüfte geschossen zu sein, sondern sie haben wohl schon lange überlegt, die Posten aufzugeben. Nach dem, wie sich die Dinge mir zeigen, ist das Verhältnis der beiden zu Papst Franziskus persönlich nicht belastet. Beide stehen hinter ihrem Papst, sind passionierte Katholiken. Man findet andere Gründe, die nahelegen, dass Profis wie den beiden das Leben auf so einem Posten mit der Zeit sauer wurde.

DOMRADIO.DE: Von Seiten des Papstes kam die Nachricht, der Rücktritt sei angenommen. Es gab kein öffentliches Bedauern oder ähnliches. Könnte das bedeuten, dass dem Papst dieser Rücktritt ganz recht ist?

Jürgens: So weit würde ich nicht gehen. Ich sehe dafür keinen Anhaltspunkt. Erst heute Mittag kam die Nachricht, dass Garcia und Burke für den Übergang noch weiter zur Verfügung stehen. Der Interims-Sprecher Alessandro Gisotti hat mitgeteilt, dass seine beiden Vorgänger weiterhin im Presseamt zur Verfügung stehen, um einen glatten Übergang zu gewährleisten. Das sieht nicht danach aus, dass es jetzt einen Eklat gegeben hat. Es scheint auf kollegialer Ebene weiter gut zu funktionieren.

DOMRADIO.DE: Welche Rolle könnte denn der neue Chefredakteur aller Medien im Vatikan, Andrea Tornielli, in diesem Zusammenhang spielen?

Jürgens: Es wird spekuliert, dass die Rücktritte mit Andrea Tornielli zu tun haben könnten. Ich glaube nicht daran. Andrea Tornielli ist ein hervorragender Vatikan-Journalist und Vatikan-Kenner seit vielen Jahren. Er ist sicherlich einer der verlässlichsten, kenntnisreichen Journalisten auf diesem Feld. Er wurde einigermaßen überraschend jetzt zum redaktionellen Leiter der Stelle für Öffentlichkeitsarbeit bestellt. Auch in dem Fall ist es wohl eine kurzfristige Personalentscheidung gewesen. Tornielli sollte eigentlich noch als Journalist bei der Panama-Reise Ende Januar mitreisen und ist jetzt plötzlich in einer anderen Funktion unterwegs oder möglicherweise gar nicht mit auf dem Flieger. Er scheint selber auch von dieser Ernennung einigermaßen überrascht worden zu sein.

Ob sich da nun irgendwie eine Konkurrenz abgezeichnet hat zwischen Tornielli und den beiden Ex-Sprechern – ich weiß es nicht. Beide haben doch eine sehr unterschiedliche Funktion. Tornielli wird dafür zuständig sein, die Inhalte redaktionell aufzubereiten, zu koordinieren und zu kontrollieren, die vom Vatikan über die PR-Stelle ausgespielt werden, während Greg Burke und Paloma Garcia sowohl für die Kommunikation nach außen zuständig waren, aber auch für die Presseanfragen, die an den Vatikan gerichtet wurden. Ich schätze sie als gute Kollegen ein.

DOMRADIO.DE: Welche Hintergründe könnte es denn dann geben für diese kurzfristige Ernennung Torniellis zum neuen Chefredakteur aller Medien?

Jürgens: Die ganze Medienabteilung ist weiter im Umbau. Das ist ein Prozess, der schon Jahre andauert und von Aufs und Abs begleitet ist. Der strukturelle Umbau dieser ganzen Organisation geht weiter voran. Die Inhalte sind auch noch nicht richtig sortiert. Ich erinnere daran, dass Dario Vigano, der frühere Präfekt dieser ganzen Medien- und Öffentlichkeits-Abteilung im vergangenen Jahr Hals über Kopf gehen musste, nachdem er über eine etwas unglückliche Veröffentlichung eines Papst-Briefs von Benedikt XVI. gestolpert ist.

Der neue Mann ist seit Juli Paolo Ruffini, ein Laie und Journalist, der auch aus dem christlichen Ambiente stammt. In diesen ganzen Bereich Öffentlichkeitsarbeit sortiert sich noch sehr viel und ich finde es nicht unlogisch, dass man da auch noch diesen neuen Posten eines redaktionellen Leiters für Tornielli geschaffen hat.

DOMRADIO.DE: Gibt es denn schon mögliche Kandidaten für das Amt des Vatikan-Sprechers?

Jürgens: Wenn es um Fachkenntnis und Vielsprachigkeit geht, wäre beispielsweise auch eine Figur wie Matthias Kopp, Sprecher der deutschen Bischofskonferenz, prädestiniert – aber das mehr im Scherz gesagt. Ich weiß nicht, ob sich Leute aus dem internationalen Ambiente für diesen Posten bewerben können und bewerben werden. Augenblicklich stellt sich so dar, dass wir wieder eine Italianisierung erleben. Jetzt sind alle drei wichtigen Posten rund um die vatikanische Öffentlichkeitsarbeit von Italienern besetzt: Paolo Ruffini, Alessandro Gisotti und Andrea Tornielli.

Das ist ein Rückschritt gegenüber dem, was im August 2016 mit der Berufung von Burke und Garcia passiert ist. Da hat man einen Amerikaner und eine Spanierin ins Boot geholt. Englisch und Spanisch wurden so gängige Sprachen im Presseamt. Jetzt ist spannend zu betrachten, ob es einen Rückschritt geben wird zu einer italienisch dominierten Pressearbeit, oder ob es nicht doch noch von außen einen Überraschungskandidaten geben wird.

Das Interview führte Moritz Dege.

 

Greg Burke und Stellvertreterin Paloma Garcia Ovejero / © Paul Haring (KNA)
Greg Burke und Stellvertreterin Paloma Garcia Ovejero / © Paul Haring ( KNA )
Quelle:
DR