DOMRADIO.DE: Sie waren am Dienstag bei einem Empfang der Bremer Bürgerschaft – da war der Angriff auf Frank Magnitz sicher Thema?
Martin Schomaker (Propst in Bremen): Ja, auf jeden Fall. Heute Morgen gab es einen großen Empfang in der Bremer Bürgerschaft. Das ist immer der erste große Empfang der politischen Welt hier in Bremen. Dort hat der Präsident der Bremischen Bürgerschaft, der SPD-Politiker Christian Weber, ganz am Anfang seiner Rede zu dem Vorfall Stellung bezogen. Das war so differenziert und so klasse, dass in den Gesprächen hinterher auch vielfach davon gesprochen wurde und nochmal Details bedacht wurden.
DOMRADIO.DE: Was hat er denn gesagt?
Schomaker: Er hat erstmal natürlich gesagt, dass Herr Magnitz Opfer eines unberechtigten und unfairen Anschlags gewesen ist. Er hat Genesungswünsche ausgesprochen, die ins Krankenhaus gegangen sind und hat klar gesagt: Ein solcher Angriff ist in keinster Weise zu rechtfertigen. Wir leben in einem Rechtsstaat und es geht auf gar keinen Fall, dass ein Politiker oder ein anderer Bürger mit Gewalt malträtiert wird. Das kann so nicht sein. Deswegen hat er auch noch einmal aufgerufen, dass alle Verantwortlichen in der Polizei und bei den entsprechenden Stellen die Tat aufklären sollen. Alles, was möglich ist, soll getan werden. Es gab auch nochmal den Aufruf, dass sich mögliche Zeugen melden.
DOMRADIO.DE: Teile der AfD Bremen sollen politisch Rechtsextremisten nahe stehen bzw. sympathisieren mit ihnen. Aber diese Haltung rechtfertigt natürlich nicht eine solche Tat.
Schomaker: Auf gar keinen Fall. Wir müssen das Argument führen und wir müssen alles politisch Mögliche machen, um mit den Verantwortlichen in der AfD zu diskutieren. Aber es geht nicht, dass wir in irgendeiner Weise Gewalt verherrlichen oder gutheißen oder Ähnliches. Das geht auf gar keinen Fall. Und selbst, wenn es Verbindungen zu Rechtsextremen gibt: Das muss man aufdecken, da muss eventuell auch der Verfassungsschutz seine Aufgaben erfüllen. Das sind ganz andere Fragen. Gewalt darf auf keinen Fall eine Rolle spielen.
DOMRADIO.DE: In der Vergangenheit hat es ja mehrfach Übergriffe in Bremen gegeben und Frank Magnitz hatte sich als Politiker unter anderem für mehr Polizei in Bremen stark gemacht. Gibt so eine Tat der AfD Recht?
Schomaker: Die Frage, ob wir mehr Polizei brauchen, muss sicherlich gut bedacht werden und auch politisch verantwortet werden. Es kann durchaus sein, dass man bei einer entsprechenden Prüfung sagt: Ja, wir brauchen mehr Polizei in Bremen. Aber ich würde jetzt nicht sagen, dass Herr Magnitz damit Recht bekommen hat. Das ist insgesamt eine politische Entscheidung, die man treffen muss.
Das Problem, was ich insgesamt bei diesem Angriff sehe, ist, dass im Grunde genommen Themen, die die AfD sonst besetzt, damit nochmal unterfüttert werden. Und es ist gut, diese Fragen jetzt sehr differenziert anzugehen.
DOMRADIO.DE: Die AfD ist in der Bremer Bürgerschaft eigentlich nicht so stark vertreten, nämlich mit einem Sitz. Der Einfluss ist also gar nicht so groß. Wie ist denn das politische Klima in Bremen zurzeit? Ist das wirklich aufgeheizt, kann man das sagen?
Schomaker: Die AfD ist bei der letzten Wahl tatsächlich in Fraktionsstärke in die Bürgerschaft eingezogen. Dann gab es interne Querelen in der Partei, sodass jetzt mehrere Personen als Einzelabgeordnete in der Bürgerschaft vertreten sind und nur noch eine Person von der AfD. Das zeigt auch, dass die AfD in sich zerstritten ist, das muss man sicher auch wissen.
Die Wahlprognosen vor den Wahlen im Mai sind sehr unterschiedlich - sie liegen zwischen sechs und neun Prozent für die AfD. Da muss man einfach gucken, wie stark die AfD in die Bürgerschaft einziehen wird. So, wie ich es mitbekomme, gehen alle davon aus, dass die AfD auf jeden Fall den Sprung in die Bürgerschaft schaffen wird.
Das politische Klima ist aus meiner Sicht nicht aufgeheizt. Ich würde eher sage, hier ist etwas passiert, was in keinster Weise geduldet werden kann. Damit ist eine Straftat begangen worden, aber ich würde es nicht auf ein Klima in Bremen zurückführen.
DOMRADIO.DE: Welchen Einfluss haben Sie denn auch als katholische Kirche, um so ein Klima der Mäßigung weiter nach vorne zu bringen?
Schomaker: Erstmal haben wir natürlich immer die Möglichkeit, Dinge ins Wort zu bringen - dass wir versuchen, zur Versachlichung beizutragen, dass wir auch immer nochmal darauf hinweisen: Wir müssen etwas gegen die Verrohung der Sprache tun. Damit fängt es ja oft schon an. Das sind Dinge, die wir auch ökumenisch vereint mit der Bremischen Evangelischen Kirche immer wieder versuchen.
Es gibt verschiedene Gesprächsforen, die wir gemeinsam auf die Beine stellen. Es gibt ein ökumenisches Stadtgespräch, das gerade solche Themen versucht anzusprechen und die Frage stellt: Wie gehen wir eigentlich miteinander um? Wie sprechen wir miteinander? Und was sind die guten Formen, um sich politisch miteinander auseinanderzusetzen? Auch im Zusammenhang mit dem Wahlkampf, der vor uns steht, werden wir verschiedene Veranstaltungen machen, um Vertreter der verschiedenen Parteien zusammenzuführen und Argumente zu Sachfragen auszustauschen.
Das Interview führte Martin Mölder.