Nach Angaben der chilenischen Kirche wollte der Ständige Rat der Bischofskonferenz Franziskus bei dem Besuch am Montag im Vatikan unter anderem über Maßnahmen zur Aufklärung des Skandals informieren. "Es war ein sehr brüderliches Gespräch, sehr ergiebig und sehr interessant", sagte Fernando Ramos, Generalsekretär der Chilenischen Bischofskonferenz über die rund einstündige Privataudienz in der Bibliothek des Apostolischen Palastes.
Später sei der Austausch beim Mittagessen im Gästehaus Santa Marta fortgesetzt worden. Gemeinsam mit dem Papst sei man nochmals die für die Kirche in Chile wichtigsten Ereignisse des vergangenen Jahres durchgegangen. Ramos sprach von einem "präzisen und klaren" Dialog - mit "sehr interessanten" Beiträgen von Franziskus. Auch über künftige Projekte sei gesprochen worden.
148 Fälle wegen Missbrauchsvorwürfen
An dem Treffen nahmen neben Ramos der Vorsitzende der Chilenischen Bischofskonferenz, Militärbischof Santiago Silva Retamales, der Vize-Vorsitzende Erzbischof Rene Rebolledo Salinas und Santiagos Kardinal Ricardo Ezzati teil. Ihm wird vorgeworfen, Missbrauchsfälle vertuscht zu haben, was er aber zurückweist. Weiter war bei dem Gespräch der Leiter der bischöflichen Missbrauchskommission, Bischof Juan Ignacio Gonzalez, dabei.
Ein prominenter Vertreter der Missbrauchsopfer in Chile, James Hamilton, hatte im Vorfeld die Erwartung geäußert, das Treffen werde einen konfliktreichen Verlauf nehmen. Man könne nicht darüber hinweggehen, dass Beteiligte an diesem Gespräch von der Justiz belangt würden, sagte er laut der chilenischen Zeitung "La Tercera" (Onlineausgabe Sonntagabend). Er sprach von "Kriminellen" und einer "Lobby", die den Papst verachte und seine Interventionen als Einmischung betrachte.
Die katholische Kirche in Chile wird seit rund einem Jahr von einem Missbrauchsskandal erschüttert. Derzeit ermittelt die Justiz in 148 Fällen wegen Missbrauchsvorwürfen gegen Kirchenmitarbeiter, wie chilenische Medien unter Berufung auf jüngste Angaben der Staatsanwaltschaft meldeten. Dabei gehe es um 255 mutmaßliche Opfer. Auch mehrere Bischöfe sollen in die Vorgänge verwickelt sein.