DOMRADIO.DE: Besucher des Weltjugendtages in Panama können mit einem Gebet vor der Statue der Madonna von Fatima einen vollständigen Ablass erwerben. Wie muss man sich das vorstellen? Man zahlt und bekommt seine Sünden vergeben?
Jan Hendrik Stens (Liturgieredaktion): Es gibt zwar eine Verbindung zwischen Ablass und Sündenvergebung. Aber wenn mir ein Ablass gewährt wird, dann werden mir nicht die Sünden vergeben, sondern dann ist das ein Nachlass von zeitlichen Sündenstrafen. Das heißt, zwischen Vergebung und dem Wiedergutmachen eines Schadens gibt es einen Unterschied.
Ein Beispiel: Bei dir im Hinterhof ist das Ballspielen verboten und du tust es trotzdem. Das ist dann die Sünde, du verstößt gegen eine Auflage oder Regel. Dann landet der Ball in der Fensterscheibe des Nachbarn und du merkst plötzlich, das Verbot war vielleicht doch nicht so schlecht, du hast Mist gebaut. Das ist die Reue. Du gehst zum Nachbarn und entschuldigst dich bei ihm. Das ist eine Art Beichte. Der Nachbar nimmt die Entschuldigung an, das ist die Vergebung. Aber: Die Scheibe ist immer noch kaputt. Wer muss die Reparatur der Scheibe bezahlen? Und jetzt kommt die Kirche und sagt, sie zahlt. Beim Nachlass zeitlicher Sündenstrafen geht es also darum, den Schaden, den unsere Sünden angerichtet haben, wieder zu heilen. Das erlangt der Gläubige unter bestimmten festgelegten Voraussetzungen "durch die Hilfe der Kirche, die im Dienst an der Erlösung den Schatz der Sühneleistungen Christi und der Heiligen autoritativ verwaltet und zuwendet", wie es im Kirchenrecht (Can. 992 CIC) heißt.
DOMRADIO.DE: Und das geht immer? Oder muss das erst durch den Vatikan extra genehmigt werden, wie jetzt zum Weltjugendtag?
Stens: Es gibt für die Erlangung eines sogenannten vollkommenen Ablasses die regulären Möglichkeiten, wie zum Beispiel den Päpstlichen Segen Urbi et Orbi, den der Papst auf dem Petersplatz erteilt, den die Bischöfe auch in ihren Kirchen an den hohen Feiertagen erteilen können. Darüber hinaus gibt es Gelegenheiten, wie nun zum Beispiel den Weltjugendtag oder besondere Jubiläen und Wallfahrten. Dann kann man die Möglichkeit in Erwägung ziehen, Rom darum zu bitten, einen solchen Ablass zu gewähren.
DOMRADIO.DE: Wie erlangt man denn einen solchen Ablass? Betet man da ein besonderes Gebet?
Stens: Dafür gibt es natürlich entsprechende Voraussetzungen. Dazu zählt in jedem Fall der Empfang des Bußsakramentes, denn ohne Reue und Bekennen bringt auch ein Ablass nichts. Also: Man geht beichten, man empfängt das Bußsakrament, man nimmt an der Eucharistiefeier teil, man empfängt die Kommunion und betet in der Intention des Papstes. Das ist sozusagen ein Gesamtpaket.
DOMRADIO.DE: Und welche Rolle spielt jetzt die Statue von Fatima? Was gibt es für einen Zusammenhang oder für eine Verbindung von Panama und Fatima?
Stens: 2017 hatte der Wallfahrtsort Fatima seine 100-Jahr-Feier. Wohl auch aufgrund dieser Tatsache hat der Erzbischof von Panama den Weltjugendtag in diesem Jahr schon vor zwei Jahren unter den Schutz der Jungfrau von Fatima gestellt. Zu diesem Anlass war auch eine Kopie der Fatima-Statue 2017 schon in Panama, auch da konnte schon ein Ablass gewährt werden. Und nun verlässt tatsächlich die Original-Statue zum ersten Mal seit dem Jahr 2000 Fatima und wird zum Weltjugendtag nach Panama kommen.