Dorfforscher: Kirchen müssen mehr für ländlichen Raum tun

"Menschen ins Gespräch bringen"

Der Dorfforscher Gerhard Henkel hat die Kirchen zu einem stärkeren Engagement für den ländlichen Raum aufgerufen. Als Vorbild nannte er am Donnerstag auf der Berliner Landwirtschaftsmesse "Grüne Woche" das Bistum Osnabrück. 

 (DR)

Es habe ein "klares Leitbild" vorgegeben, wie seine Dorfpfarreien zu stärken seien. Als Beispiel nannte Henkel den Einsatz von Gemeindereferentinnen, um die Pfarrer von Aufgaben wie der Immobilienbetreuung zu entlasten, für die das Priesteramt nicht erforderlich sei. Das kirchliche Engagement werde längerfristig auch zu weniger Austrittszahlen führen, so der Humangeograf in einem Forum der kirchlichen Landverbände KLB und ejl.

Henkel betonte, für Erhalt und Förderung des Dorfes seien die Kirchen wichtiger denn je. So könnten sie Treffpunkte als Ersatz für geschlossene Läden oder Wirtshäuser schaffen. Nachdrücklich wandte sich der Wissenschaftler dagegen, immer mehr Gemeinden zu Großpfarreien zusammenzuschließen.

Leben wie in "Parallelwelten"

Auch der Pastoralreferent im Bistum Augsburg, Thomas Stark, bezeichnete es als vordringliche kirchliche Aufgabe, Menschen in kleinen Gemeinden miteinander ins Gespräch zu bringen. Daraus entstehe oft von selbst bürgerschaftliches Engagement. Bei der Entwicklung des ländlichen Raums spielten die Kirchen bislang jedoch nur eine "Nebenrolle".

Gemeindereferentin Monica Settele aus dem Bistum Rottenburg-Stuttgart kritisierte, Kirchen und staatliche Kommunen lebten oft wie in "Parallelwelten". So betrieben sie etwa Sozialdienste in solchen Fällen ohne Absprachen. Die Kirchen müssten überdies mehr auch solche Menschen in den Blick nehmen, die nicht zur Kerngemeinde gehörten und denen der Glaube dennoch wichtig sei.

Leerstehende Pfarrhäuser als öffentliche Treffpunkte

Mit ihren Immobilien hätten die Kirchen zudem ein großes Potenzial zur Förderung des ländlichen Raums, so Settele. So könnten sie leerstehende Pfarrhäuser zu öffentlichen Treffpunkten machen und Grundstücke als Bauland zur Verfügung stellen.

Der evangelische Pfarrer Thomas Dietz aus Schönfeld in der brandenburgischen Uckermark verwies auf erfolgreiche Sozialprojekte in seiner Gemeinde, die über ein Dutzend Dörfer mit rund 2.200 Einwohnern umfasst, davon etwa 600 Kirchenmitglieder. Bei nachhaltigem Engagement sei dies auch in einer der am dünnsten besiedelten Regionen Deutschlands möglich gewesen. Allerdings behindere eine staatliche Bürokratie zunehmend das ehrenamtliche Engagement.


Quelle:
KNA