Im Vatikan wird die Reise von Franziskus nach Abu Dhabi als Teil einer dreifachen Initiative des Papstes in die islamische Welt gesehen: Ihr erster Teil führte ihn im April 2017 nach Ägypten. Nun, vom 3. bis 5. Februar, folgen die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Ende März der Maghreb mit Marokko. Anlass der Abu-Dhabi-Reise ist eine interreligiöse Begegnung mit dem Titel "Human Fraternity".
Die Konferenz findet am 4. Februar im Founder's Memorial statt, einem topmodernen, dem Staatsgründer gewidmeten Kulturzentrum an Abu Dhabis Corniche. Das detaillierte Tagungsprogramm ist jedoch immer noch ebenso wenig bekannt wie die weiteren Teilnehmer. Einzig Franziskus' argentinischer Rabbiner-Freund Abraham Skorka verriet dem US-Jesuiten-Magazin "America", er werde dort sein. Auch ein Deutscher soll in Abu Dhabi sprechen: Rabbiner Julian-Chaim Soussan aus Frankfurt.
Einer von zehn ist ein Christ
Noch vor kurzem sei ein Papstbesuch in Arabien undenkbar gewesen, so der katholische Bischof Paul Hinder. Der Schweizer Kapuziner ist Oberhirte für die Katholiken im südlichen Arabien. Zwar ist Arabien eine islamische Region, aber in den Öl-Emiraten am Golf leben unter den rund zehn Millionen Einwohner rund eine Million Katholiken als Gastarbeiter aus Südasien.
Und so werden bis zu 130.000 Gläubige erwartet, wenn der Papst erstmals in den Emiraten eine katholische Messe als Massenveranstaltung feiert. Das Stadium dafür stellt die Regierung, kostenlose Tickets werden über die Pfarreien verteilt, per Live-Stream soll der Gottesdienst in Kirchen übertragen werden.
Die Emirate geben sich tolerant
Mit der Veranstaltung betonen die Emirate ihren Anspruch, die modernere, aufgeschlossenere Seite Arabiens zu sein. Der Präsident der Emirate, Scheich Khalifa bin Zayed, hat 2019 zu einem «Jahr der Toleranz» ausgerufen. Sein Bruder und De-facto-Regierungschef Kronprinz Muhammad bin Zayed hatte bereits im September 2016 den Papst in Rom besucht; er wird das Kirchenoberhaupt nun in Abu Dhabi empfangen.
Vor der interreligiösen Konferenz trifft der Papst mit der islamischen Gelehrten-Vereinigung des "Muslim Council of Elders" zusammen. Die 2014 gegründete Vereinigung mit Sitz in Abu Dhabi will Spaltungen und Fehden innerhalb des Islam überwinden und gegen extremistische Brandstifter eine religiöse Botschaft humaner Werte und der Toleranz verteidigen. Leiter des Rats ist Großscheich Ahmad al-Tayyeb von der Kairoer Al-Azhar-Universität – für den Papst praktisch ein alter Bekannter.
Wie leben Christen in Abu Dhabi?
Ort der Begegnung, die als privat charakterisiert wird, ist die Scheich-Zayid-Moschee, das größte islamische Gotteshaus der Emirate. An Prachtentfaltung und Dimensionen kann es mit dem Petersdom konkurrieren; allein das Grundstück übertrifft die Fläche des Vatikanstaats um ein Viertel. 41.000 Menschen finden Platz in der Moschee.
Mit der öffentlichen Messe im Stadion am 5. Februar sendet Abu Dhabi auch eine Botschaft an den Nachbarn Saudi-Arabien, wo Christen nur hinter verschlossenen Türen das Bibelwort teilen und Abendmahl feiern können. Gleichwohl gibt es in den VAE nur Kultus-, aber keine Religionsfreiheit: Gläubige können ihre Religion ausüben, sie aber nicht wechseln. Die Emirate präsentieren sich gern als liberal: Die katholische Josefskirche in Abu Dhabi, heute Sitz des Bischofs, wurde 1965 geweiht, seit 2007 bestehen diplomatische Beziehungen zum Vatikan, 2010 entsandten die Emirate ihre erste Botschafterin an den Heiligen Stuhl.
Was sonst noch auf dem Plan steht
Dennoch wird es keine normale Papstreise. So wird der Papst weder – wie sonst üblich – vor Vertretern aus Politik und Gesellschaft sprechen, noch sind Termine an einer Universität oder mit Jugendlichen geplant. Dabei ließe sich da trefflich über den Wert von Bildung, die Rolle der Frau oder den Auftrag der jungen Generation zum Frieden sprechen. Auch Begegnungen, die Franziskus sonst wichtig sind, etwa mit sozial Bedürftigen oder Seelsorgern, fehlen – wenigstens im offiziellen Programm.
Um die Reise etwas aufzuwerten, wird als historischer Hintergrund das Treffen zwischen Franz von Assisi mit dem ägyptischen Sultan Malik al-Kamil vor genau 800 Jahren genannt. Damals, inmitten des fünften Kreuzzugs, sorgte dies für eine kurzzeitige Entspannung zwischen Abend- und Morgenland. Die konkreten Folgen der modernen Franziskus-Reise werden sich noch zeigen müssen.