Der Trägerverein "Arab Nil-Rhein Verein e.V." könne das Kindeswohl in der 2009 gegründeten Einrichtung nicht mehr gewährleisten. Der Verein vertrete Inhalte der Ideologie der Muslimbruderschaft, habe eine Nähe zum Salafismus und stehe damit nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes, so der Präsident des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung, Detlef Placzek. Zuletzt durfte die Kita bis zu 22 Kinder ganztägig betreuen.
Kindergarten und Trägerverein seien in den vergangenen zehn Jahren intensiv vom Landesamt beraten und begleitet worden. Erste öffentliche Hinweise auf eine Nähe des Vereins zum Salafismus habe es bereits zum Jahreswechsel 2012/2013 gegeben, als ein umstrittener Prediger in dem Verein auftrat.
Jugendgefährdende Schrift verteilt
Weitere Sachverhalte seien der Behörde aber erst im vergangenen Jahr bekanntgeworden. Im vergangenen Herbst habe das Landesamt erfahren, dass der Verein bei einem interkulturellen Fest eine jugendgefährdende Schrift verteilt habe und als Prüfstelle für Studenten einer "Online-Universität" des Islamisten Bilal Philips fungierte.
Ein vom Verfassungsschutz angefertigtes "Behördenzeugnis" beschreibe weitere Sachverhalte, sagte Placzek. Einzelheiten aus dem Papier könne er jedoch nicht nennen. Hinweise auf eine unmittelbare Beeinflussung der betreuten Kinder mit radikalem Gedankengut gebe es nicht. Versäumnisse in der eigenen Behörde habe es nicht gegeben, denn das Landesjugendamt habe immer wieder auf Missstände hingewiesen, aber keine nachrichtendienstlichen Befugnisse, um den Hintergrund des Trägervereins zu durchleuchten.
Mit der Stadt Mainz gebe es bereits Absprachen darüber, wie die Betreuung der derzeit 22 in der Einrichtung betreuten Kinder künftig organisiert werden könne. Nach Placzeks Angaben ist der Mainzer Al-Nur-Kindergarten der erste in der rheinland-pfälzischen Landesgeschichte, der durch die Behörden wieder geschlossen werden musste.
Trägerverein spricht von Verfassungswidrigkeit
Der Vereinsvorsitzende Samy El Hagrasy kündigte Widerstand gegen die Schließungspläne des Landes an. "Das ist Unrecht, das ist unfair, das ist verfassungswidrig", sagte er. Der Anwalt des Vereins werde Widerspruch gegen den Bescheid des Landesamtes einlegen und ein Eilverfahren am Verwaltungsgericht starten, damit die Einrichtung bis zum Abschluss des Rechtsstreits geöffnet bleiben könne. Die Vorwürfe gegen seinen Verein bezeichnete er als "Hetzerei" und "Hexenjagd". Niemand aus dem Vorstand des "Arab Nil-Rhein Vereins" sei Salafist oder Anhänger der Muslimbruderschaft.
Wer sich ein Gesamtbild machen wolle, solle die Aktivitäten und Äußerungen der vergangenen 20 Jahre betrachten, sagte El Hagrasy. Der Verein habe mit anderen muslimischen Gemeinden sowie der katholischen und evangelischen Kirche zusammengearbeitet, niemand dort habe je extremistische Bestrebungen bemerkt. Bis zum Sommer 2018 habe es auch keine Beanstandungen durch das Landesamt gegeben, das Auflagen nicht erfüllt worden seien.
"Viel zu lange weggeschaut"
Oppositionsvertreter begrüßten die Entscheidung der Behörden, kritisierten diese jedoch als zu spät. "Hier muss sich die Landesregierung den Vorwurf gefallen lassen, dass sie viel zu lange weggeschaut hat, weil sie das Projekt der einzigen muslimischen Kita in Rheinland-Pfalz nicht gefährden wollte", erklärte die familienpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Simone Huth-Haage. Es habe über Jahre hinweg Warnungen vor Bezügen zum Islamismus gegeben.
Der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Joachim Paul, sprach von "fast 10 Jahren des Wegschauens" der Landesregierung. Die Entscheidung müsse Anlass sein, "dem Drängen von Islamisten in den Bildungsbereich größere Aufmerksamkeit zu schenken und mit der notwendigen Härte zu begegnen". Ein Verbot des Trägervereins solle intensiv geprüft werden. (KNA)