Fasten in verschiedenen Religionen

Von Vesakh bis Pasha

Im Christentum werden die Regeln für das Fasten nicht so streng gesehen. Anders ist das zum Beispiel bei den Muslimen und den Buddhisten. Theologe Thomas Lemmen schaut auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Weltreligionen.

Fastenbrechen in Istanbul / ©  Agata Skowronek (epd)
Fastenbrechen in Istanbul / © Agata Skowronek ( epd )

DOMRADIO.DE: Unsere Fastenzeit vor Ostern ist ja weniger streng im Vergleich zum Ramadan der Muslimen, oder?

Prof. Thomas Lemmen (Theologe beim Referat für Interreligiösen Dialog im Erzbistum Köln): Gemeinsam ist dem Islam und dem Christentum, dass es darum geht, sich neu auszurichten auf Gott, den Mitmenschen und sich selbst. Das haben die beiden Religionen gemeinsam. Die äußere Form - wie das geschieht - ist in der Tat sehr unterschiedlich.

Das hat damit zu tun, dass die Regeln des Fastens im Islam sehr konkret und sehr genau einzuhalten sind, während das im Christentum der persönlichen Lebensgestaltung und -entscheidung überlassen ist. Auch Jesus hat gesagt - das Evangelium vom Aschermittwoch erinnert uns daran - man soll so fasten, beten und Almosen geben, dass die anderen es nicht merken.

DOMRADIO.DE: Das ist im Ramadan komplett anders, oder?

Lemmen: Ja, der Ramadan prägt das Leben der islamischen Gesellschaften dadurch, dass vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang nichts gegessen und getrunken wird. Es wird eine vollkommene Enthaltsamkeit geübt. Das ist aber bei orientalischen Christen nicht anders. Bei den Kopten hat das große Fasten am vierten März begonnen. Das geht über 50 Tage und ist in der Praxis sehr nah bei dem Fasten, wie es in der islamischen Welt gehalten wird.

DOMRADIO.DE: Auch bei den Juden gibt es das Fasten. Der König der Juden hat es vorgemacht. Jesus hat 40 Tage lang in der Wüste gefastet. Bei den Juden gibt es aber mehrere unterschiedliche Fastenzeiten.

Lemmen: Es gibt bei den Juden vier wesentliche Fast-Tage. Das sind Tage vor großen Festen - vor Purim oder vor dem Pasha-Fest. Oder an bestimmten Festen, am Jom Kippur, dem sogenannten Versöhnungtag, oder an Tischa BeAv, dem Tag zum Gedenken an die Zerstörung des Tempels. Das ist ein Fasten, das um diese bestimmten Tage herum 25 Stunden dauert und nicht länger dauern soll. Es Besteht darin, dass man nichts isst und nichts trinkt, sich vollkommen enthält, sich auch nicht bewegt. Es ist also vergleichbar mit der Ruhe des Schabbat.

DOMRADIO.DE: Auch Buddhisten kennen das Fasten. Das betrifft aber mehr die Mönche?

Lemmen: Es gibt im Buddhismus, wie auch im Hinduismus, keine einheitlichen Fastenzeiten. Es gibt bestimmte Tage, die sogenannten Uposatha-Tage. Das sind alle Voll-, Neu- und Halbmondtage, zu denen Buddhisten fasten können. Das bezieht sich aber darauf, sich aus dem Alltag zurückzuziehen aus dem Alltag, zu meditieren und die Regeln des Buddhismus ernst zu nehmen.

Das Vesakh-Fest, das Fest zur Erinnerung an die Geburt, das Erwachen und das vollkommene Erlöschen des Buddha, ist das Hauptfest des Buddhismus. Da geht es im Grunde auch noch einmal darum, sich der Prinzipien des Buddhismus bewusst zu werden. Davon abgesehen: Die Mönche im Buddhismus haben natürlich ganz konkrete Fast-Regeln und Fast-Praktiken.

DOMRADIO.DE: Haben wir jetzt noch eine wichtige Religion vergessen, bei der das Fasten eine Rolle spielt?

Lemmen: Wir haben den Hinduismus vergessen. Da gibt es - wie im Buddhismus - keine einheitlichen Fastenzeiten, sondern einzelne Tage, zu denen gefastet werden kann. Es Gibt aber auch Asketen, die sich ab einem bestimmten Datum ihres Lebens vollkommen zurückziehen und Verzicht üben. Alewiten haben Fast-Praktiken.

Die Jesiden haben Fasten-Tage: Drei Wochen vor ihrem Hauptfest fasten sie jeweils dienstags, mittwochs und donnerstags. Wem das alles zu unübersichtlich ist, der kann das gerne nachlesen im interreligiösen Kalender, den das Land Nordrhein-Westfalen seit vielen Jahren herausgibt. Der kann kostenlos beim Ministerium für Kinder Familie Flüchtlinge und Integration bestellt und auch gut online eingesehen werden.

Das Interview führte Tobias Fricke.

 

Thomas Lemmen / © Harald Oppitz (KNA)
Thomas Lemmen / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR