Die Initiative Christen für Europa (IXE) hat vor den Europawahlen im Mai eine "menschenorientierte" EU gefordert. In einem am Freitag in Bonn vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) veröffentlichten Wahlaufruf ruft die Initiative die EU-Bürger dazu auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Eine "geringe" Wahlbeteiligung könne eine "ernsthafte" Bedrohung für eine "echte europäische Demokratie" darstellen.
Die Initiative fordert eine Neuausrichtung der Politik der EU. Die Sozialpolitik müsse gestärkt werden, um Ungleichheiten, Armut und Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Damit könne auch die "gestörte Beziehung" zu den Europaskeptikern wiederhergestellt und dem "antieuropäischen Diskurs" entgegengewirkt werden.
IXE räumt in dem Wahlaufruf ein, dass die Debatten über Asyl und Migration in ganz Europa "schwierig und spaltend waren". Dennoch sei eine auf Menschenrechten und Solidarität aufbauende Reform des europäischen Asylsystems unumgänglich. Die Initiative, der das ZdK angehört, wurde 2006 gegründet. Die elf Mitgliedsorganisationen kommen unter anderem aus Kroatien, Spanien, Frankreich und Tschechien. In der kommende Woche soll zusätzlich eine Internetseite des ZdK zu den Europawahlen online gehen "Europa-stimmt.eu". Darauf werden Veranstaltungen, Dokumente und Statements zur Europawahl gesammelt und veröffentlicht.
Marx: Christen sollen für Solidarität in Europa eintreten
Nach Ansicht von Reinhard Kardinal Marx müssen Christen den Gedanken der Solidarität in Europa stärken. Europa sei zwar kein Staat, aber doch mehr als ein Staatenbund, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Donnerstagabend auf einem Podium in Lingen. Das bedeute, dass die Interessen aller Länder berücksichtigt werden müssten und alle ihre Chancen bekämen. So müsse Deutschland die Jugendarbeitslosigkeit in Italien oder Spanien auch als eigenes Problem verstehen.
Das Christentum ist nach den Worten von Marx die prägende religiöse Weltanschauung in Europa. Große Bedenken habe er aber, wenn der Begriff vom christlichen Abendland von Rechtspopulisten ausgrenzend benutzt werde.
Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer kritisierte, dass das von Adenauer, de Gasperi und Schuman auf christlichem Fundament begründete Europa zu kippen drohe. Derzeit mache sich ein Neoliberalismus breit, in dem nur noch die Ökonomie zähle. "Uns fehlt der gemeinsame kulturelle normative Hintergrund", sagte der Bischof.
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode bedauerte, dass sich in Europa immer mehr Nationalismen ausbreiteten. Mit Blick auf Länder wie Ungarn oder Polen sagte er, dass viele Christen nicht die beste Rolle spielten. Marx rief dazu auf, Kontakte zu Polen zu pflegen; man müsse miteinander und nicht übereinander reden. Marx, Wilmer und Bode sprachen auf einem Podium über Europa im Ludwig-Windthorst-Haus, der Akademie des Bistums Osnabrück.
Oster: Viele Probleme nur europäisch lösbar
Jugendbischof Stefan Oster sagte bei einer Veranstaltung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) am Freitag: "Geht wählen und leistet einen Beitrag für ein demokratisches Europa". Viele Probleme wie das Artensterben, die Verschmutzung von Gewässern oder die Begrenzung der Macht von Internet-Giganten wie Google oder Facebook könne kein Land allein lösen. "Deutschland zuerst, Ruhrpott zuerst - das funktioniert nicht mehr", sagte Oster.
Der Bischof wandte sich gegen Europa-Skepsis. Denn in den allermeisten Ländern des Kontinents habe es seit über 70 Jahren keinen Krieg mehr gegeben. Das hänge damit zusammen, dass die Staaten Europas damit begonnen hätten, sich zu einigen. Mit Blick auf Deutschland könne später einmal gesagt werden, dass es sich um "die erfolgreichste und friedlichste Periode in der Geschichte dieses Landes" handle.
Oster äußerte sich zum Auftakt der bundesweiten Jugendaktion zum Josefstag in der Oberhausener Jugendeinrichtung "Die Kurbel". Der Josefstag ist eine Aktion des Vereins "arbeit für alle", einer Initiative des BDKJ, der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz und der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit.