DOMRADIO.DE: Was hören Sie aktuell von Ihren Partnern in Mosambik? Wie ist die Lage?
Jutta Herzenstiel (Referentin bei Caritas international): Ich höre von meinen Partnern jetzt erst wieder seit vorgestern. Nachdem der Zyklon an Land ging - in der Nacht von Donnerstag auf Freitag - haben wir tagelang leider gar nichts gehört, weil sämtliche Kommunikationsnetze zusammengebrochen sind. Jetzt habe ich seit vorgestern Nachrichten: Die Zerstörung in Beira ist sehr stark. 90 Prozent der Stadt sind zerstört. Es gibt immer noch keinen Strom und die Zufahrtswege sind unterbrochen. 40 Kilometer außerhalb von Beira ist die Straße unterbrochen, mit dem Auto kommt man also weder rein noch raus. Der Flughafen ist mittlerweile wieder funktionsfähig. Mitarbeiter unseres Partners Esmabarma sind deshalb schnell nach Maputo geflogen, um uns überhaupt berichten zu können, wie die Lage ausschaut.
DOMRADIO.DE: Gibt es Unterschiede zwischen der Situation auf dem Land und in den Städten in dieser Zyklon-Region?
Herzenstiel: Auf dem Land ist die Lage noch schlimmer, weil die Menschen dort auch nur in einfachen Hütten leben. Dort haben die Flüsse teilweise ganze Dörfer überschwemmt. Leute, die zwei Tage nach Beira gelaufen sind, berichten, dass ihre Dörfer komplett verschwunden sind. Und von einer Missionsstation, mit der wir zusammenarbeiten, die direkt unterhalb von Beira liegt, haben wir noch überhaupt keine Nachrichten und befürchten das Schlimmste.
DOMRADIO.DE: Sie haben durch ihren siebenjährigen Aufenthalt in Mosambik auch private Kontakte aufgebaut. Können Sie denn Freunde erreichen?
Herzenstiel: Nein. Caritas Beira kann ich jetzt über eine Telefonnummer erreichen, aber ich kann niemanden zu den Bekannten schicken. Viele wohnen in Vierteln, die schon bei einem normalen Regen immer überschwemmt waren. In der Regenzeit gab es das immer mal wieder, dass man bis zum Knie im Wasser stand. Aber jetzt befürchte ich, dass diese Viertel völlig überschwemmt wurden.
DOMRADIO.DE: Sie haben gerade ganz aktuell beschlossen, dass Sie selber in einer Woche hinfahren werden. Was werden Sie dann vor Ort tun können?
Herzenstiel: Einfach die Leute unterstützen und für sie da sein. Natürlich werde ich auch die Menschen suchen, die ich dort kennengelernt habe und die wie eine Familie für mich sind. Und ich werde unsere Partner Esmabama und Caritas Beira auch moralisch unterstützen und schonmal erste Bestandsaufnahmen machen.
Ich bezweifle, dass es in einer Woche schon möglich sein wird aus Beira herauszukommen und die Situation auf dem Land zu sehen. Unser Partner Esmabama organisiert jetzt einen Lastwagen in Maputo, mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Medikamenten und Decken. Das alles wird jetzt vom Süden nach oben transportiert, zu den vier Missionsstationen. Denn von Beira aus kommt man ja nicht ran. Der Lkw braucht dann circa 24 Stunden.
DOMRADIO.DE: Lebensmittel und Trinkwasser sind zwei der Dinge, die dringend benötigt werden. Natürlich gibt es auch ein Spendenkonto. In der vergangenen Regenzeit hat es nicht so viel geregnet. Die Erwartungen an die Ernte waren sowieso schon eher niedrig. Was bedeutet dieser Zyklon jetzt für die zukünftige Lebensmittelversorgung der Menschen?
Herzenstiel: Sowohl Dürren wie auch die Überschwemmungen und jetzt natürlich diese enorme Naturgewalt führen zu Ernteausfällen und werden zu langfristig nachfolgenden Hungersnöten führen. Zumindest ein Jahr lang sind die Menschen bestimmt auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.