Schauspieler Urbanski sieht Bluttest für Schwangere kritisch

"Menschen nicht vor der Geburt aussortieren"

Sebastian Urbanski ist müde, als er von den Proben kommt. Außerdem ist er erkältet. Das ist alles wie weggeblasen, als er von seiner Schauspielerei erzählt - und von seinem Engagement gegen den Bluttest für Schwangere.

Autor/in:
Birgit Wilke
Sebastian Urbanski / © Britta Pedersen (dpa)
Sebastian Urbanski / © Britta Pedersen ( dpa )

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck wollte ihn gar nicht mehr loslassen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beglückwünschte ihn. Spätestens seitdem er vor zwei Jahren zum Holocaust-Gedenktag im Bundestag eine eindringliche Rede hielt, ist Sebastian Urbanski ein Promi. Ein Promi mit Down-Syndrom. "Höher kannst du nicht fliegen", sagte sein Vater damals zu ihm. Doch Urbanski hat noch mehr Ziele.

Seit vielen Jahren Schauspieler

Die große Bühne kannte der 40-Jährige bereits vor seinem Auftritt vor den Parlamentariern. Urbanski ist seit vielen Jahren Schauspieler. In Berlin ist er Mitglied der Theatergruppe "RambaZamba", in der Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung zusammen arbeiten. Zudem hat er in mehreren Filmen mitgespielt und war als Synchronsprecher tätig.

Auch politisch ist Urbanski aktiv: Er engagiert sich in der Lebenshilfe für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Jetzt ist er als erstes Mitglied mit Down-Syndrom in deren Vorstand berufen worden. Er sieht darin nach eigenen Worten eine große Chance, sich in politische Fragen einzumischen. Zum Beispiel, ob der Bluttest für Schwangere Kassenleistung werden soll.

Seine Position dazu ist klar: Er ist gegen die Tests, mit denen festgestellt werden kann, ob das Kind ein Down-Syndrom hat. "Ich leide nicht am Down-Syndrom", versichert Urbanski. Er bedaure es sehr, dass durch vorgeburtliche Tests "Menschen wie ich vor der Geburt aussortiert werden". Mit seinem Engagement will Urbanski Eltern Mut machen, sich für ein Kind mit der gleichen genetischen Besonderheit zu entscheiden und es nicht abtreiben zu lassen.

Beschlussentwurf für Bluttest wird vorgestellt

Am Freitag will der Gemeinsame Bundesausschuss von Krankenkassen, Ärzten, Kliniken und Patientenvertretern einen Beschlussentwurf für den Bluttest vorstellen. Voraussichtlich im April will sich der Bundestag damit befassen. Mit seiner Kritik an dem Test ist Urbanski indes nicht allein. Neben den Behindertenverbänden ist es auch die katholische Kirche, die sich dagegen positioniert.

Zunächst war es die Liebe zur Sprache und zum Schauspiel, die der im Ost-Berliner Bezirk Pankow aufgewachsene Urbanski sehr früh entdeckte. Da seine Eltern große Theaterfans sind, bastelt der Vater ein Puppentheater für ihn. "Das Holz war blau-rot angestrichen", erinnert sich Urbanski. Als seine Eltern ihm mit Handpuppen Geschichten vorspielen, ist der Junge Feuer und Flamme. Und will selber spielen.

Mit den Nachbarskindern übt er kleinere Stücke ein. Als seine Mutter, eine Journalistin, von einem integrativen Theaterprojekt hört, ist Urbanski als einer der ersten dabei. Nach Abschluss der Schule ist das Theater für ihn ein Ausgleich zur Arbeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Als das Theater 2007 den Status einer Kunst-Werkstatt erhält, werden die Mitglieder fest angestellte Schauspieler.

Erste Rede eines Menschen mit Down-Syndrom vor Bundestag

Die frühere Bundesgesundheitsministerin und jetzige Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, Ulla Schmidt (SPD), wird auf Urbanski aufmerksam, der sich mehr und mehr für die Belange von Menschen mit Behinderungen engagiert. Sie fragt ihn, ob er sich vorstellen kann, eine Rede vor den Abgeordneten zu halten.

Er kann - und spricht im Bundestag als erster Mensch mit Down-Syndrom. Zum Holocaust-Gedenktag liest er dort den Brief von Ernst Putzki vor, der im Rahmen des sogenannten Euthanasie-Programms 1945 ermordet wurde. Sichtlich bewegt verfolgen die Politiker seine Worte.

Wieder ist es Schmidt, die ihn gerne für den Vorstand der Lebenshilfe gewinnen möchte. Auch das kann sich Urbanski gut vorstellen. Und er freut sich riesig, als er Anfang des Jahres tatsächlich in den Vorstand berufen wird. Es gibt Entwicklungen, die ihm Mut machen, wie er sagt: So entschied das Bundesverfassungsgericht im Februar, Menschen mit angeordneter Betreuung bei Wahlen zuzulassen.

Ein Ausgleich zum politischen Engagement bleibt für Urbanski das Theaterspielen. Zuletzt spielte er in dem Stück "Lost Love Lost" unter anderem den Hamlet. Auch seine Elektropop-Band "21 Downbeat", bei der er Keyboard spielt, ist ihm wichtig. Urbanski: "Da kann ich alles ausleben."


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema