Papst Franziskus hat in Marokko für eine engere Beziehung zwischen Christen und Muslimen geworben. Es sei unverzichtbar, dem Fanatismus und Fundamentalismus die Solidarität aller Glaubenden entgegenzusetzen, sagte er am Samstag zu Beginn eines zweitägigen Besuchs in Rabat. Zugleich verlangte das Kirchenoberhaupt vor seinem Gastgeber König Mohammed VI. umfassende Religionsfreiheit und rief zu einer humanen Behandlung von Migranten auf.
Marokknischer König betont Brüderlichkeit
Mohammed VI. nannte in seiner Begrüßungsansprache Marokko einen Ort des Austauschs und der Kommunikation zwischen Afrika und Europa. Sein Land habe nie aufgehört, Brüderlichkeit zu lehren, sagte der Monarch.
Er verwies auf die Existenz von Moscheen, Kirchen und Synagogen nebeneinander. In Marokko herrsche freie Religionsausübung, betonte Mohammed VI. Der Willkommenszeremonie am Hassan-Turm, dem Wahrzeichen Rabats, wohnten neben Vertretern aus Politik, Gesellschaft und Diplomatie auch zahlreiche Bürger bei.
Franziskus mahnte, "Masken und Klischees" zu überwinden, die zu Angst und Konfrontation führten. Als Initiative gegen Extremismus nannte er ein vom König 2015 gegründetes islamisches Predigerseminar.
Extremismus jeder Art führe oft zu Gewalt und Terrorismus und stelle "in jedem Fall eine Beleidigung der Religion und Gottes selbst dar".
Papst knüpft an Begegnung zwischen Franz von Assisi und Sultan al-Kamil an
Der Besuch in Marokko sei eine Gelegenheit, den interreligiösen Dialog und die gegenseitige Kenntnis beider Religionen zu fördern, sagte Franziskus in seiner häufig von Beifall und Jubelrufen unterbrochenen Ansprache.
Er verwies auf eine historische Begegnung zwischen dem Ordensgründer Franz von Assisi und Sultan al-Kamil während eines Kreuzzugs 1219. "Der Mut, einander zu begegnen und die Hände zu reichen, ist ein Weg des Friedens und der Harmonie für die Menschheit", so Franziskus.
Es sei nicht zu unterschätzen, wie wichtig der Faktor Religion sei, um zwischen den Menschen Brücken zu bauen und sich den aktuellen Herausforderungen zu stellen, sagte der Papst.
Religionsfreiheit und Menschlichkeit
In dem Zusammenhang betonte er den Wert von Gewissens- und Religionsfreiheit; diese dürfe sich nicht auf Kultfreiheit beschränken. Die Möglichkeit, nach der eigenen religiösen Überzeugung zu leben, sei "untrennbar mit der menschlichen Würde verbunden", sagte er.
Mit Blick auf die Migrationskrise rief Franziskus dazu auf, Ursachen zu beseitigen, die Menschen zum Verlassen ihrer Heimat zwängen. Dabei erinnerte er an die Verabschiedung des Globalen Migrationspakts im Dezember in Marokko. Der dort getroffenen Selbstverpflichtung für eine sichere, geordnete und legale Migration müssten konkrete Taten folgen, mahnte er.
Marokko solle ein "Vorbild der Menschlichkeit gegenüber Migranten und Flüchtlingen" geben, damit sie "hier wie andernorts mit Menschlichkeit aufgenommen und geschützt" würden, so Franziskus.
Den Weg vom Flughafen in die Altstadt Rabats legte der Papst teils im offenen Papamobil zurück, während Tausende Menschen ungeachtet des Regens die Strecke säumten. In Marokko mit seinen 35 Millionen Einwohnern leben nach Vatikanangaben nur 23.000 Katholiken.
Franziskus und Mohammed unterzeichnen Jerusalem-Appell
Papst Franziskus und Marokkos König Mohammed VI. haben einen gemeinsamen Appell zum Sonderstatus Jerusalems unterzeichnet. Jerusalem müsse Erbe der Menschheit und das Symbol einer friedlichen Koexistenz vor allem für die drei monotheistischen Religionen bleiben, heißt es in der am Samstag in Rabat veröffentlichten Erklärung.
Dazu müssten der "multi-religiöse Charakter, die spirituelle Dimension und die besondere kulturelle Identität Jerusalems" geschützt und gefördert werden.
Der Papst und der marokkanische Monarch bekundeten "die Hoffnung, dass in der Heiligen Stadt den Anhängern der drei monotheistischen Religionen volle Zugangsfreiheit und ihr Recht auf Gottesdienst garantiert wird".
Jerusalem gilt Juden, Christen und Muslimen als Heilige Stadt. Der Vatikan sieht zudem einen israelischen Anspruch auf Gesamt-Jerusalem als Hauptstadt als Hindernis für den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern.
Nachdem US-Präsident Donald Trump im Dezember 2017 ankündigte, die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, äußerte Franziskus einen "dringenden Appell", den Status quo und die Resolutionen der Vereinten Nationen zu respektieren.