Diözesan-Caritasdirektorin über Frauen in kirchlichen Führungspositionen

Zu wenig gemischte Teams

Frauen sind auf höheren Posten in der katholischen Kirche noch eher selten zu finden. Eine Ausnahme ist Sabine Depew, Diözesan-Caritasdirektorin im Bistum Essen. Sie fordert neue Kommunikationsstrukturen und ein Umdenken, auch bei den Männern.

Mehr finanzielle Gleichberechtigung für Frauen am Arbeitsplatz / © Robert Schlesinger (dpa)
Mehr finanzielle Gleichberechtigung für Frauen am Arbeitsplatz / © Robert Schlesinger ( dpa )

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DOMRADIO.DE: Seit 2017 sind sie Diözesan-Caritasdirektorin und Vorstandsvorsitzende des Caritasverbandes im Bistum Essen. Eine Doppelfunktion, die anderswo bis heute fast ausschließlich Priestern vorbehalten ist. Fühlen Sie sich als Pionierin?

Sabine Depew (Diözesan-Caritasdirektorin und Vorstandsvorsitzende des Caritasverbandes im Bistum Essen): Ja, in einer gewissen Weise schon. Zum einen ist es so, dass wir bei den Diözesan-Caritasverbänden insgesamt nur ganz wenige Frauen auf diesen Positionen haben - als Vorstandsvorsitzende sogar nur zwei. Und es ist eben auch so, dass ich alleinige Vorständin bin, was tatsächlich eine einzigartige Situation ist. Hinzu kommt, dass wir unter den Kollegen der Diözesan-Caritasverbände Nordrhein-Westfalen eben auch nur eine Frau haben.

DOMRADIO.DE: Wie ist das dann konkret? Sind sie dann zum Beispiel bei Konferenzen auf Führungsebene tatsächlich oft die einzige Frau auf weiter Flur?

Depew: Ja, wenn wir mit den Kollegen der Caritas in Nordrhein-Westfalen tagen, bin ich natürlich die einzige Frau. Ich bin auch Mitglied der Hauptabteilungsleiterkonferenz im Bistum Essen, um den Generalvikar herum. Auch dort bin ich die einzige Frau. Auf der Ebene der Bundeskonferenz ist es so, dass wir mittlerweile vier Frauen sind. Da war es lange Zeit vor meiner Zeit so, dass es auch nur eine Frau gab. Also, es gibt nach wie vor wenige Frauen in den Führungspositionen der katholischen Kirche.

DOMRADIO.DE: Welche besonderen Herausforderungen sind damit verknüpft?

Depew: Es ist natürlich so, dass man sich als Frau auch erst einmal ein Stück weit durchsetzen muss. Es gibt immer noch diese Gruppierungen: Die Frauen gruppieren sich, die Männer gruppieren sich. Man nennt das auch Westfälische Reihe. Es entsteht ein bisschen der Eindruck, als wenn man sich unter dem eigenen Geschlecht einfach schneller und besser miteinander vernetzen kann. 

DOMRADIO.DE: Wie kann man das denn aufbrechen?

Depew: Ich glaube, es ist wichtig, dass von beiden Seiten eine gute und faire Kommunikationskultur gepflegt wird, dass man ein gegenseitiges Verständnis entwickelt und vor allen Dingen, dass man dafür sorgt, dass Teams möglichst auch gemischt sind.

DOMRADIO.DE: Wird denn etwas grundsätzlich anders, wenn Frauen in der katholischen Kirche wichtige Entscheidungen treffen - also große Budgets verwalten, auch nach außen nicht als Assistentin, sondern als Chefin in Erscheinung treten?

Depew: Mit Sicherheit. Zum einen ist es so, dass man Vorbild ist. Wir hatten vor kurzem eine Situation beim Caritas-Kongress in Berlin, wo ich mit einigen Mitarbeitenden aus dem Caritas-Verband des Bistums Essen gewesen bin. Dort wurde gesagt, es sollte doch mal getauscht werden - also, dass Frauen eher Männerpositionen besetzen und umgekehrt. Dann sagte eine junge Kollegin zu mir: Was würden wir denn dann in Essen machen? Wer würde denn dann Diözesan-Caritasdirektor werden. Also, es war ein interessantes Phänomen, zu beobachten, dass so ein Umdenken und modellhaftes Denken einsetzt.

DOMRADIO.DE: Wie finden Sie diese "Frauenquote", die die katholischen Bischöfe bis 2023 erfüllen möchten. Macht sie Sinn?

Depew: Eine Frauenquote ist grundsätzlich ein guter Richtwert. Die Erfahrungen der letzten Jahre und Jahrzehnte zeigen ja, dass es offensichtlich notwendig ist, eine solche Quote zu haben, da ansonsten keine Sensibilität da ist und vor allem keine Konsequenzen erfolgen. Auch wenn ich mir unsere Orts-Caritasverbände angucke, da gibt es auch nur ganz wenige Frauen in Führungspositionen. Ich finde aber auf der anderen Seite, der Blick sollte nicht nur auf die Frauen gehen, sondern auch auf die Männer. Denn wichtig ist die partnerschaftliche Zusammenarbeit. Es geht nicht nur darum, die Frauen zu fördern. Auch Männer müssen gefördert werden, den entsprechenden Blick zu haben und weibliche Führungskräfte als gleichwertige Partner wahrzunehmen. 

Das Interview führte Carsten Döpp.


Sabine Depew / © Nicole Cronauge (Caritas Essen)
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