In der Diskussion um die umstrittenen Bluttests zur Erkennung des Down-Syndroms bei Ungeborenen pocht die SPD-Bundestagsabgeordnete Dagmar Schmidt auf ein "Recht auf Nichtwissen". "Es darf kein Druck auf werdende Eltern aufgebaut werden, sich einem Test zu unterziehen", sagte Schmidt dem "Tagesspiegel" (Dienstag).
"Recht auf Nichtwissen"
Es müsse möglich sein, ein Kind zu wollen, ohne solche Tests vorzunehmen. "Wir müssen ein Recht auf Nichtwissen verankern und dieser Entscheidung mit Achtung begegnen", forderte die SPD-Politikerin, die selbst einen Sohn mit Down-Syndrom hat.
Unterdessen befürwortete der CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger eine eingeschränkte Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Für Frauen ab 35 Jahren sollten die Kassen "die weniger riskanten Bluttests bezahlen", sagte Pilsinger der "Augsburger Allgemeinen". "Es darf aber in Zukunft nicht dazu kommen, dass das gesamte Genom von Ungeborenen auf Krankheiten untersucht wird."
Dagegen warnten fünf bundesweite Fachverbände für Menschen mit Behinderung vor einer "Regelfinanzierung von Bluttests ohne medizinische Indikation". Dies wäre ein verheerendes Signal für die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung, erklärten die Verbände in Berlin. Im zehnten Jahr nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland sei es staatliche Aufgabe, für die Wertschätzung von Menschen mit Behinderung einzutreten, statt diese auszugrenzen und zu diskriminieren.
Orientierungsdebatte im Bundestag
Die Fachverbände sprachen sich für eine verbesserte Verzahnung von ärztlicher und unabhängiger psychosozialer Beratung aus. "Gesellschaftlichen Bestrebungen der Selektierung menschlichen Lebens ist entschieden entgegenzutreten." Unterstützt wird die Erklärung vom Bundesverband evangelische Behindertenhilfe, dem Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen, der Bundesvereinigung Lebenshilfe, der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie sowie dem Bundesverband anthroposophisches Sozialwesen.
Mit den vorgeburtlichen Bluttests kann festgestellt werden, ob ein Embryo das Down-Syndrom (Trisomie 21) hat. Über die Aufnahme in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss von Krankenkassen, Ärzten, Kliniken und Patientenbeauftragten.
Der Bundestag will dazu am Donnerstag eine Orientierungsdebatte führen. Bislang müssen Schwangere den rund 130 Euro teuren Bluttest in der Regel selbst bezahlen. Lebensschutzorganisationen und Behindertenverbände planen am Mittwoch eine Demonstration vor dem Bundesgesundheitsministerium.