In Bulgarien hat Papst Franziskus am Montag ein Zentrum für Flüchtlinge und Migranten am Stadtrand von Sofia besucht. Das als privat bezeichnete Treffen fand in einem ehemaligen Schulgebäude im Stadtteil Vrazhdebna nahe dem Flughafen statt. Dabei traf er mit rund 50 Erwachsenen und Kindern zusammen, die hauptsächlich aus Syrien und Irak stammen.
Bereits am Sonntag hatte Franziskus an Regierung und Politiker appelliert, sich Migranten nicht zu verschließen; Bulgarien selbst kenne das "Drama der Auswanderung", sagte er. Den im Dezember in Marokko beschlossenen UN-Migrationspakt hatte Bulgarien ebenso wie Österreich, Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei den UN-Migrationspakt abgelehnt. In der Frage der Sicherung der EU-Außengrenzen vertritt das Land einen harten Kurs.
Flüchtlinge erzählen von ihren Erfahrungen
Beim Besuch des Papstes in Vrazhdebna erzählte ein seit fünf Jahren in Bulgarien lebender afghanischer Flüchtling von seinen Erfahrungen.
Eine Freiwillige der Caritas berichtete von ihrer Arbeit. Die anwesenden Kinder sangen für Franziskus ein Lied und schenkten ihm selbstgemalte Bilder.
Das Zentrum Vrazhdebna ist eines von dreien in der bulgarischen Hauptstadt und sechs im ganzen Land. Angelegt waren die Einrichtungen ursprünglich für etwa 5.000 Flüchtlinge. Mit den knapp 20.000 Schutzsuchenden, die 2015 und 2016 die Route über den östlichen Balkan nahmen, war die Infrastruktur des Landes überfordert. Im November 2018 ermahnte die EU Bulgarien zu Verbesserungen der Einrichtungen und des Umgangs mit Migranten.
Im vergangenen Jahr kamen aufgrund des Grenzzauns sowie der Präsenz der Europäischen Grenzagentur Frontex nur noch knapp 2.600 Migranten, die meisten aus Afghanistan, Irak, Syrien und Pakistan. Von den 2.540 Asylanträgen wurden laut Landesstatistik fast alle Syrer, aber kaum Afghanen und nur jeder zehnte aus Irak anerkannt. Bulgarien, das an die Türkei grenzt, ist für Flüchtlinge meist nur ein Durchgangsland, da sie in der Regel nicht in dem ärmsten EU-Land bleiben wollen.
Erstkommunion spenden
Rund 240 Kindern möchte der Papst im Verlauf des Tages in der Kleinstadt Rakowski die Erstkommunion spenden. Rakowski ist ein Zentrum der Katholiken Bulgariens, die weniger als ein Prozent der Bevölkerung ausmachen. In der bulgarischen Hauptstadt Sofia steht abends ein ökumenisches Friedensgebet auf dem Programm. Am Dienstag reist der Papst zu einer eintägigen Visite nach Nordmazedonien weiter.
Die Erstkommunionfeier in Rakowski versammelt praktisch den gesamten Jahrgang von katholischen Kindern landesweit, die erstmals bei einer Messe die Kommunion empfangen. Das Mittagessen nutzt der Papst für ein Treffen mit den drei katholischen Bischöfen Bulgariens. Am Nachmittag ist eine Begegnung mit Katholiken geplant. Dabei wollen einzelne Gläubige aus ihrem Alltag berichten. Das Friedensgebet am Abend in Sofia findet vor der frühchristlichen Georgskirche statt. Der Rundbau geht auf das 4. Jahrhundert zurück und gilt als ältestes Gebäude Sofias.
Am Sonntag hatte der Papst vor Vertretern aus Politik und Diplomatie für ein kulturoffenes Europa geworben und um Aufnahmebereitschaft gegenüber Migranten gebeten. Zugleich bekundete er Sorge über die Abwanderung vor allem junger Menschen aus Bulgarien und warnte vor einem demographischen Winter. Aus schwindendem Vertrauen in die Zukunft habe sich über weite Teile Europas ein "Eisiger Vorhang" gelegt.
Ein zweiter Schwerpunkt des Besuchsprogramms am Sonntag war ein Treffen mit der Leitung der bulgarisch-orthodoxen Kirche. Deren Oberhaupt Patriarch Neofit dämpfte ökumenische Erwartungen.